Der Mediator: Axel-Springer-Verlag

2013 war das Jahr, in dem der Axel-Springer-Verlag, der mit "Bild" am Boulevard herrscht, ernst mit der Digitalisierung machte. Das wird sich bald auch beim Hausbau in Berlin zeigen.

Der äußerst erfolgreiche deutsche Verleger Axel Springer (1912–1985) liebte Symbole. Als 1961 mitten im Kalten Krieg die Mauer gebaut wurde, die Ost- und Westberlin bis 1989 trennte, hatte Springer direkt an der Grenze, in der damaligen Kochstraße beim Checkpoint Charlie, längst mit dem Bau eines Hochhauses begonnen. Dort residieren inzwischen neben Lokalblättern auch die „Bild“, die den Verleger reich, und die „Welt“, die ihn seriös machte. Der konservative Unternehmer sah das Gebäude wohl auch als Mahnmal für die deutsche Einheit.

Neben dem alten Haus wird demnächst wieder gebaut, und auch diesmal ist die Architektur zeichenhaft: Der Springer-Campus, für den die Projekte von drei prominenten Büros als Sieger gekürt wurden, soll zeigen, dass der Großverlag die Herausforderung des digitalen Zeitalters annimmt. „Axel Springer Cloud“ nennt sich der Vorschlag von Ole Scheeren. Auch die Glaspaläste von Bjarke Ingels und Rem Koolhaas sehen avantgardistisch aus. Der Bauherr wünscht sich einen „spektakulären Akzent im historischen Zeitungsviertel“.


Cloud, die Wolke, in der bald alle unsere Daten ruhen werden, ist eine passende Bezeichnung für die mediale Zukunft im Netz. Während US-Multis wie Amazon oder Großinvestoren wie Warren Buffett – scheinbar aus Nostalgie – Print-Titel kaufen, hat Springers Vorstandschef Mathias Döpfner viele seiner Spitzenmanager über den Atlantik geschickt, um die digitale Revolution in Kalifornien zu studieren. Mitte 2013 kam zum Beispiel „Bild“-Chef Kai Dieckmann von einem ausgiebigen Sabbatical im Silicon Valley zurück – bärtig und in lockerer Kleidung statt wie bis dahin im Maßanzug, glatt rasiert und mit geöltem Haar. Das aber sind nur Äußerlichkeiten. Interessanter scheint die Verlagspolitik, die Springer inzwischen eingeschlagen hat. Man hat trotz hoher Renditen massiv Regionalzeitungen und Magazine abgestoßen, investiert stattdessen lieber großzügig in die Internetbranche. Redakteure werden abgebaut, Techniker angeworben. Die sind für Nonstop-News rund um den Globus fast wichtiger als die alten elenden Skribenten.

norbert.mayer@diepresse.com

diepresse.com/mediator

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.12.2013)

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