Bayerischer Rundfunk: Laptop statt Lederhose

Der Bayerische Rundfunk setzt auf Laptop statt auf Lederhose. Sein exklusiver Klassiksender könnte auf UKW einem Jugendradio weichen und nur noch digital zur Verfügung stehen.

In Österreich bleibt laut neuestem Radiotest der Markt stabil: Die Privatsender legten im zweiten Halbjahr 2013 leicht zu, der ORF hatte in Summe einen Anteil von 74 Prozent. Ö1, Favorit des Mediators, hat leicht verloren. Revolutionen sind nicht in Sicht. DAB oder gar DAB+ (die bei den Nachbarn längst üblichen digitalen Übertragungsstandards) sind hierzulande ein ferner Klang.

In Bayern allerdings, diesem traditionsbewussten Freistaat mit Hang zum Modischen, erwägt der vorwiegend konservativ besetzte Rundfunkrat wieder einmal Umwälzungen. Es gibt wie bereits 2006 Planspiele, dass BR Klassik, Bayerns kulturelles Pendant zu Ö1, seine UKW-Frequenz zugunsten des Jugendsenders BR Puls aufgeben muss. Der ist bisher nur digital verbreitet. Künftig könnte es aber eine Rochade geben: Klassik digital, Jugendkult altmodisch auf Ultrakurzwelle, wo die Sender der viertgrößten öffentlich-rechtlichen Landesrundfunkanstalt Deutschlands laut Staatsvertrag auf fünf begrenzt und offenbar Mangelware sind.

Auf diese Zukunftsmusik gab es zum Teil heftige Reaktionen. „Eine Schnapsidee!“, heißt es in einem Kommentar der „Nürnberger Zeitung“. Das ältere und mit der Technik nicht so vertraute Klassikpublikum würde gezwungen, aufs Internet auszuweichen, das im Übrigen auf dem Lande noch schlecht ausgebaut sei. Und was ist mit den Autofahrern? Und warum sollen ausgerechnet die Jungen, die längst das Streamen pflegen, auf UKW umsteigen? Der Verband Privater Rundfunk- und Telemedien reagierte scharf ablehnend. Ein „Frequenzbasar“ sei das. Das klassische Kulturprogramm solle wohl „komplett in der Nische verschwinden“.


Beinahe klassisch wiegelte der bayerische Rundfunk ab, als der Rundfunkrat am Donnerstag tagte. Mit dem seit Dezember 2013 laufenden Dreistufentest für Klassik Online sei noch keine Entscheidung über die Belegung der Senderfrequenzen verbunden. Klassik sei keine Nische, sondern habe höchsten Stellenwert. In sie werde bis 2015 noch mehr investiert. Ein umfangreiches Konzept soll im Sommer vorliegen. Intendant Ulrich Wilhelm will den BR bis 2020 zu einer „trimedialen“ Anstalt machen. Die Klassik soll u. a. im Netz, bei Video- und Live-Konzertangeboten der Vorreiter sein.

Das klingt ambitioniert, dahinter steht aber auch beinharte Kalkulation. Einsparen. BR Klassik hat eine Reichweite von 1,8 Prozent, die populären Sender BR1 und BR3 erreichen 22 bis 23 Prozent der Hörer pro Tag. Dort fließen auch die Werbeeinnahmen. Ein Jugendsender auf UKW könnte in dieser Liga mitspielen. Das ist aber kurzsichtig. Denn Bayern hat bisher in der gesamten ARD den einzigen exklusiven Klassiksender. Er sollte seine Sendefrequenz behalten und natürlich auch im Netz großzügig ausgebaut werden.

norbert.mayer@diepresse.com

diepresse.com/mediator

("Die Presse", Print-Ausgabe, 02.02.2014)

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