TV-Kritik: Anke Engelke wechselt das Fach

Anke Engelke wechselt Fach
Anke Engelke wechselt Fach(c) EPA (Oliver Berg)
  • Drucken

Die Grande Dame de Sketch versucht sich als seriöse Salondame. Ganz ohne Nonsense geht das zum Glück nicht.

Anke Engelke lehnt am Fensterbrett wie eine alte Dame, die Arme auf einen Polster gestützt zupft sie welke Blätter von einer Pflanze. Was an einen Sketch aus der Comedy „Ladykracher“ erinnert, ist der ironiefreie Vorspann ihrer neuen Sendung „Anke hat Zeit“. Nach nur zwei Folgen hat Helge Schneider die Talkshow in Wohnzimmeratmosphäre geschmissen – nun begleitet er Engelke zu ihrem Titellied. Ihr habe in den letzten Jahren jemand gefehlt, „der mir zeigt, was auf dem Kulturmarkt los ist“. Wie bitte? Wo lebt die Dame? Kaum etwas gibt es im deutschen Fernsehen häufiger als Empfehlsendungen – und ja, Tatort-Wiederholungen natürlich.

Aber gut. Die einstige Grande Dame de Sketch will jetzt seriöse Salondame sein. Offenbar gehört dazu, deutlich gedämpft mit ihren Gästen, etwa der Burgschauspielerin Caroline Peters oder dem Bratschisten Nils Mönkemeyer, zu reden. Die Schweizer Sängerin Sophie Hunger rutschte prompt heraus: „Anke ist viel weniger schlagfertig, als man denkt“ – worauf, wie bestellt, ein amüsanter Schlagabtausch folgte. Hunger sagte, sie mache nur Pop, da müsse man nichts können, verdiene trotzdem mehr. Engelke konterte: „Ich kann noch weniger und verdiene am meisten.“ Frech, fast lasziv riet die jüngere Sängerin der Moderatorin: „Du bist sehr schön, aber nicht, wenn du fluchst. Das steht dir nicht.“

Einige starke Fernsehmomente tauchten da in 90 Minuten auf – so wie jener, in dem Engelke, Petersen und die Dramatikerin Katja Brunner aus deren neuestem Stück lasen. Am brillantesten aber waren die Szenen, in denen Engelke sich von ihrem Gespür für geistreichen Nonsense leiten ließ und Stimmen, Sprachen, Dialekte wechselte, sang oder Grimassen schnitt. Als der Philosoph Markus Gabriel über einen neuen Realismus schwadronierte, sah sie ihn entgeistert an: „Ich habe befürchtet, dass ich nicht viel davon verstehe, aber ich habe einiges davon verstanden.“ Problemlos schafft Anke Engelke den Genrewechsel, der Sketchlady in ihr sollte sie aber bitte nicht komplett Adieu sagen.

Abrufbar in der Mediathek des WDR

E-Mail:anna-maria.wallner@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.07.2013)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.