Der "Tatort" im "Presse"-Check: Ein mysteriöser Fall mit Borowski und Brandt, also Milberg und Kekilli, gedreht von der österreichischen Regisseurin Sabine Derflinger.
Worum geht's?
Der Anfang von "Borowski und das Meer" ist einigermaßen mysteriös: Ein junger Mann wird in einem Pool ertränkt, doch das ist nicht der Mordfall, in dem die beiden "Tatort"-Kommissare ermitteln. "Ihr" Mord ist einer mit Ankündigung: Obwohl er offensichtlich bedroht wird, geht der Jurist Jens Adam (Andreas Patton) bei einer Firmenfeier an Bord eines Schiffes. Dort wird er nächtens auf offenem Deck erschossen - und geht spurlos über Bord. Der Kreis der Verdächtigen ist erstaunlich feminin: Seine Chefin (Karoline Eichhorn), deren Firma nach Seltenen Erden in der Tiefsee schürft und damit Milliarden erwirtschaftet, seine Ex-Geliebte, eine Tiefseeforscherin (Florence Kasumba), und seine kühle Ehefrau (Nicolette Krebitz) zählen dazu. Aber auch sein Karrieristen-Kollege (Philipp Hochmair). "Seltsamer Fall, seltsame Frauen", bringt es Hauptkommissar Klaus Borowski auf den Punkt.
Wer ermittelt?
Borowski (Axel Milberg) und die ehrgeizige junge Ermittlerin Sarah Brandt (Sibel Kekilli) bilden ein ungleiches wie spannendes Paar. Der grantelnde ältere Herr, eigentlich ein Misanthrop, sorgt sich leise rührend um seine Kollegin, die an Epilepsie leidet - und steht ihr damit leider oft im Weg.
Wird's brutal?
Im Vergleich zu den Actionorgien im jüngsten Til-Schweiger-"Tatort" und den erschütternden Kindsmorden im Kölner Fall vergangene Woche, ist "Borowski und das Meer" angenehm unblutig - und teils sogar gerecht.
Worum geht's wirklich?
Den weltweiten, rücksichtslosen Kampf um Metalle der Seltenen Erden, notwendige Ressourcen für moderne Telekommunikation, und das Gleichgewicht des Meeres. Auf einer philosophischeren Ebene: Um Gier. "Wer den Zugriff auf Bodenschätze hat, hat die Macht", wird der Ermordete zitiert. Und seine Chefin sagt: "Für solche Menschen ist Geld ein Gradmesser für Erfolg."
Wo hakt's?
Der Wille, die Zuseher doch noch zu überraschen, gebärt oft krude Wendungen. Nicht so hier, der Fall baut sich nachvollziehbar auf. Aber wie so oft beim "Tatort", ist der Schluss das Schwächste am ganzen Fall.
Österreich-Faktor
Für einen norddeutschen "Tatort" ist die alpenländische Beteiligung erstaunlich hoch: Philipp Hochmair glänzt als aalglatter Karrierist. Regie führte Sabine Derflinger, die für den Österreich-"Tatort" "Angezählt" mit dem Grimme-Preis ausgezeichnet wird.
Kurioser Gastauftritt
Bestseller-Autor Frank Schätzing spielt einen Meeresforscher. "Kenne ich Sie von irgendwoher?", fragt Borowski ihn. Die beiläufig-coole Antwort "Nur wenn sie Krimis mögen" bringt zumindest zum Schmunzeln.
Wer soll es sich ansehen?
Jeder, der einen soliden, gut gemachten Krimi schätzt. Auch für die Besetzung lohnt das Einschalten, allen voran Karoline Eichhorn als skrupellose Geschäftsfrau und Nicolette Krebitz als devot-stille Gattin.