"Extant": Glatt polierte Mystery um eine Sci-Fi-Familie

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Halle Berry spielt in der Hochglanzserie "Extant" eine zurückgekehrte Astronautin. Ein schickes Déjà-vu.

Besonders futuristisch sieht diese Zukunft nicht aus: Das selbstfahrende Auto ist auch in der Realität schon zum Greifen nah, den eingebauten Computer mit TV-Funktion im Badezimmerspiegel kriegen Tüftler bestimmt auch schon bald hin und beim gemeinsamen Spieleabend der Familie Watts erstaunt eigentlich nur, dass das Playmobil-Raumschiff offenbar ohne Fernsteuerung durch das Kinderzimmer gleitet. Doch beim Zubettgehen lüftet dieses perfekt geschniegelte Familiendrama dann sein erstes Sci-Fi-Geheimnis: Das Kind – ein pausbäckiges Unschuldsgesicht namens Ethan – sagt zu Papa: „Ich glaub', ich brauch einen Wechsel.“ Windeln? In dem Alter? Der Junge ist geschätzte acht bis zehn. Doch es sind die Akkus, die ausgetauscht werden müssen. Ethan ist ein täuschend menschlich aussehender Roboter, und man kriegt das Gefühl nicht los, dass dieser geschulte Fratz, der Taubenfallen bastelt, seinen Zieheltern noch Schwierigkeiten machen wird... ganz abgesehen von den Zweifeln, die zwar nicht Vater John (er hat ihn schließlich selbst entwickelt), aber Mutter Molly befallen: Kann ein Roboter Gefühle entwickeln – und kann das „Kind“ womöglich gefährlich werden?

Angeblich hat Mickey Fisher den Piloten für die Science-Fiction-Mystery „Extant“ (die der ORF ab Montag als deutschsprachige Free-TV-Premiere ausstrahlt) in der Filiale einer Kaffeehauskette geschrieben. Das ist zumindest gut erfunden, denn die Serie sieht so aus, als hätte jemand, einen riesigen Becher Cappuccino schlürfend, in Erinnerungen an unzählige Kinobesuche geschwelgt: Steven Spielbergs „A. I./Artificial Intelligence“ (über ein menschelndes Roboterkind) fällt einem da ein und „Gravity“ (eine Frau schwebt im All und kriegt Probleme), Stanley Kubricks „2001: A Space Odyssey“ (Computer HAL ist lernfähig und macht sich menschenmordend selbstständig), natürlich auch James Bond (ja, es gibt eine angedeutete Sexszene unter der Dusche) und ganz besonders Sigourney Weaver, die in „Alien 3“ mit einer gar nicht putzigen Alien-Königin schwanger ist. Was Ethans Adoptivmutter Molly ausbrütet, schaut zumindest auf dem Ultraschallbild aus wie ein menschliches Wesen – doch die Sache ist mysteriös, weil die Astronautin gerade auf einer 13-monatigen Weltraummission war. Allein.

Aussterben – wie die Neandertaler?

Steven Spielbergs Amblin Television produzierte nach „Under the Dome“ auch dieses auf Erfolg kalkulierte Zukunftsdrama – mit Hollywood-Star Halle Berry (Molly) als Aufputz, Goran Visnjic („Emergency Room“) als Ehemann und Pierce Gagnon als Sohn. Es geht um Familienzusammenhalt, berufliche Intrigen und die Bedrohung durch eine fremde, überlegene Spezies, die womöglich die Menschheit ausrottet – so wie es Ethan im mit sehr realistischen 3-D-Projektionen ausgestatteten naturhistorischen Museum am Beispiel der Neandertaler gelernt hat. Alles sehr schick. Einmal taucht ein Mann auf (das Windspiel klimpert bedeutungsschwanger) und warnt Molly: „Traue niemandem!“ Das klingt vielversprechend. Doch zum alles vernichtenden Gemetzel mit den Aliens wird es in den 13Folgen wohl nicht kommen – in den USA läuft im Juli bereits Staffel zwei an.

„Extant“: 13 Folgen ab 1.6., 21.05 Uhr, in ORF eins

("Die Presse", Print-Ausgabe, 01.06.2015)

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