Der „Tatort“ ist aus der Sommerpause zurück: Ein Serienkiller versetzt Luzern in Angst. Reto Flückiger und Liz Ritschard ermitteln in einem psychologisch hintergründigen Fall.
Unsere Wertung für diesen "Tatort"
3,5 von 5 Punkten.
Worum geht's?
Wer keine Schrecksekunden mag, der sollte lieber erst einige Minuten nach Beginn dieser Episode einschalten. Schon nach wenigen Augenblicken reißt es zwei junge Albaner wortwörtlich aus dem Leben. Ein Heckenschütze streckt die beiden mit selbst gefeilten Dum-Dum-Geschoßen nieder. Die Auswirkungen sind kein schöner Anblick. Auch deshalb ist dieser Luzerner „Tatort“ nichts für zarte Gemüter. Als am nächsten Tag wieder ein Mensch tödlich getroffen wird, geht in der Stadt die Angst um. Wer wird der Nächste sein? Nach welchem Muster sucht der Schütze seine Opfer aus? Tatsächlich ist es dann auch eine der intensivsten Szenen, als ein forensischer Profiler den Ermittlern erklärt, wie dieser Serienkiller denkt – dazwischen sieht man ihn, wie er sich mit tödlicher Präzision auf den nächsten Anschlag vorbereitet.
Wer ermittelt?
Stefan Gubser als Reto Flückiger und Delia Mayer als Elisa „Liz“ Ritschard wirken als Ermittler-Team wie aus dem Leben gegriffen: Sie arbeiten besonnen, bewegen sich weitgehend unspektakulär und zeigen überzeugende Betroffenheit, obwohl sie versuchen, sich das alles nicht zu sehr unter die Haut gehen zu lassen. In diesem Fall geht das aber nicht: Zum Schluss sinkt Flückiger mit dem Rücken die Wand entlang in die Knie – doch da hat der Wahnsinn dann endlich sein (nicht minder dramatisches) Ende gefunden. Was man an den beiden Kommissaren vermisst, ist die lokale sprachliche Färbung (der "Tatort" wird hierzulande in der hochdeutschen Fassung gezeigt). Nur manchmal blitzt sie auf, wenn er mit schweizerischem Einschlag „Merci“ sagt oder sie einen Halbsatz mit einem Zeugen wechselt. Da könnte man sich mehr trauen – die Zuschauer verstehen es ja auch, wenn der Täter als freundlicher Biedermann beim Bäcker sein „Kipfeli“ bestellt.
Was gefällt?
Hier wird die Psychologie eines Mannes seziert: Simon Amstad ist ein ganz normaler, nein: ein besonders sensibler Ehemann, der aufgrund eines traumatischen Erlebnisses innerlich ausrastet. Antoine Monot jr. stattet diesen an sich zuvorkommenden Mitmenschen mit der offenherzigen Gestik eines Greenpeace-Jüngers aus, der selbstverständlich älteren Damen beim Kleingeldzählen hilft. Hinter dem Zielfernrohr seines Gewehrs, durch das man ihm kurz direkt ins Auge blicken kann (eine Kameraeinstellung mit Gänsehauteffekt), wirkt er hingegen verschlossen und kalt. Trotzdem gelingt es Monot, dass in kurzen Augenblicken sogar Mitgefühl mit dieser Figur möglich ist. Er ist ein Verzweiflungstäter – bis zur letzten Konsequenz.
Wo hakt's?
Die Morde und Leichen zu sehen, ist ziemlich heftig - gerade weil es ein psychologischer Film ist und keine Action-Ballerei, bei der gesichtslose Stuntmen wie Puppen durch die Luft fliegen. Dass ein Dum-Dum-Geschoß sich im Körper ausdehnt und große Löcher reißt, weiß man auch ohne den Anblick eines Gehirnaustritts. Nach dem letzten Kopfschuss ist man dann richtig froh, dass es vorbei ist.