FPÖ vs. ORF: "Irgendwas eindeutig Neonazistisches"

FPoe Irgendwas eindeutig Neonazistisches
FPoe Irgendwas eindeutig Neonazistisches(c) ORF
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Der ORF zeigte Donnerstagabend die umstrittene Doku "Am rechten Rand" über zwei junge Skinheads. FPÖ-Chef Strache unterstellt dem Rundfunk Anstiftung zur Wiederbetätigung.

"Er meint's ja nur im Spaß, aber ich kann ihm das nicht abgewöhnen", sagt die Mutter von Philip. "In der Früh kommt er raus aus dem Zimmer und sagt schon einmal ,Heil!'" Der ORF zeigte am Donnerstagabend die "Am Schauplatz"-Dokumentation "Am rechten Rand", die schon im Vorfeld für Aufregung sorgte: Laut FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache hätte Redakteur Ed Moschitz jugendliche Skinheads bei einer seiner Wahlveranstaltung dazu angestiftet, sich nationalsozialistisch wiederzubetätigen. Sprich: "Sieg Heil" zu rufen - und sie dafür laut Strache bezahlt.

"Am Schauplatz"-Chef Christian Schüller nahm schon im Vorspann zur Sendung Stellung: Die rechtsextreme Szene wollte man porträtieren - "dann plötzlich waren wir im Fadenkreuz der Polizei". Im tatsächlichen Porträt dann erscheint ein für den 08/15-Zuschauer faul scheinender, junger Mann namens Philip ohne Hauptschulabschluss, der sich schon vor der Schule drückte, weil ihm zufolge dort die "Ausländerkinder" bevorzugt wurden. "Hast ka Kopftüchl, gibt's nix!", meint er.

Dem Vater seiner Freundin war Philip eigentlich gleich sympathisch, einen "halben Türken" hätte er in der Wohnung nicht gewollt. Die Schwiegermama ist seiner Meinung: Den Asylanten im Heim gehe es besser als manchem Österreicher, sagt sie. "In 50 Jahren gibt's keinen reinrassigen Österreicher mehr", so die beiden. Unbeantwortet bleibt, was ein "reinrassiger Österreicher" sein soll: Wie viele "Österreicher" haben nicht auch ungarische, tschechische etc. Vorfahren? Es stellt sich heraus: Auch Philips Großmutter kam aus Serbien nach Österreich. Und: Selbst er hat türkische Freunde.

Auf der Brust ein Hakenkreuz

Kirche, Küche, Sprache zählt Philip als Charakteristika der österreichischen Kultur auf. Aus Angst vor dem Verbotsgesetz sind er und sein Freund Kevin vorsichtig, mit dem, was sie zeigen - etwa ein auf die Brust tätowiertes Hakenkreuz. "Hitler hat im Prinzip nichts Falsches gemacht", sagt Kevin. Wenn sie jemanden wählen, dann Strache - nur logisch, meint im "Club 2" später Verfassungsjurist Heinz Mayer, sie also mit Strache zu konfrontieren. Das passiert bei einer Wahlkundgebung in Wr. Neustadt, bei der die Skinheads sich laut FPÖ wiederbetätigt haben sollen: "Kevin und Philip wollen sich hier ein Bild von Strache machen, wir sind mit ihnen hergefahren", kommentiert Moschitz aus dem Off.

''Am Schauplatz''-Protagonisten Philip und Kevin
''Am Schauplatz''-Protagonisten Philip und Kevin

Stifte und Papier für die von den beiden gemalten Plakate wurden laut FPÖ vom ORF finanziert; der Rundfunk dementiert dies. In der Szene, die man schon vom ORF-Kundendienst kennt, fordert Moschitz die Skins auf, Strache anzusprechen. "Wir haben keine Nazi-Sager gehört, doch das hindert Strache nicht, mich anzuzeigen", so Moschitz dazu. Strache will "irgendwas in die Richtung, das eindeutig neonazistisch war", gehört haben. "Sie haben Agents Provocateurs aufgestellt." Im "Club 2" sagt Strache dann, er habe "Sieg Heil" dort vernommen.

Fazit: Dieses "Am Schauplatz" ist ein wichtiges Dokument österreichischer Zeitgeschichte, das sich die Politiker des Landes auch inhaltlich vergegenwärtigen sollten. Die angeblich in Richtung Scheckbuchjournalismus gehenden Methoden - die Jugendlichen sollen für ihre Auftritte bezahlt, einzelne Szenen inszeniert worden sein - bleiben freilich äußerst fragwürdig. Noch dazu, wenn es um den Journalismus eines öffentlich-rechtlichen Unternehmens geht, das sich wesentlich über Gebühren finanziert. Angesichts des schwerwiegenden Inhalts dieser Reportage aber gehen diese Methoden - relativ - unter.

Die Sendungen in der tvthek

Beide Sendungen, "Am Schauplatz" und "Club 2 spezial", sind unter tvthek.orf.at abrufbar:

Am Schauplatz "Am rechten Rand"

Club2 Spezial

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