TV-Kritik: Ein lüsterner älterer Herr namens M. Manson

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TVKritik luesterner aelterer Herr(c) APA/GEORG HOCHMUTH (GEORG HOCHMUTH)
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Die an sich nicht unsympathische ORF-Show "Helden von Morgen" litt zuletzt an den peinlichen Anzüglichkeiten eines Gaststars.

Du musst ganz du selbst sein.“ „Du hast den Song zu deinem eigenen Song gemacht.“ „In jedem von uns steckt ein Held.“ Die Ideologie der ORF-Show „Helden von Morgen“ ist etwas esoterisch, aber nicht unsympathisch: Um ein Star zu werden, muss man ganz „man selbst“ werden. Entsprechend sind zumindest die beiden jungen Männer, die es bis in die vorletzte Runde geschafft hatten, tatsächlich Originale, die auch ohne diese Talenteshow gute Chancen auf Erfolg haben. Beide sind auch keine Sänger im strengen Sinn, sondern Rapper: So konnten sie das Korsett des Nachsingens fremder Songs sprengen und wenigstens teilweise Eigenes vortragen.

„Um zu zeigen, wie ich bin, muss ich meinen eigenen Song singen“: Zu Recht protestierte Massimo Schena, der die klassische Hip-Hop-Figur des geläuterten Gangsters auf ganz eigene, authentische Weise interpretiert, gegen die Zumutung, einen ihm wesensfremden Rap (von den „Fantastischen Vier“) nachzuahmen. Er musste die Show verlassen, Lukas Plöchl, ein imposanter Mühlviertler mit asiatischen Wurzeln, kam ins Finale: Seine Variation über „Daddy Cool“, präsentiert im protzigen goldenen Kung-fu-Trainingsanzug, hatte alle überzeugt.

„Auf der Bühne bin ich ein anderer Mensch“, sagte Kandidatin Cornelia Mooswalder: „Wenn ich wieder herunten bin, bin ich wieder ich selbst.“ Zwischen diesen beiden Existenzen mussten sie und ihre Kollegin Sara Nardelli sich fortwährend darüber belehren lassen, dass und wie sie sexy und verführerisch zu wirken hätten. Vor allem vom als Kurzzeit-Trainer eingekauften Brian Warner vulgo Marilyn Manson, der, in seinem Hauptberuf als „Schockrocker“ am absteigenden Ast und als Maler nicht sonderlich geachtet, sich darin gefällt, junge Frauen (und, etwas weniger penetrant, junge Männer) mit Anzüglichkeiten zu belästigen.


„Vui liab.“ Dazu verlieh Manson – selbst von der Natur eher herausgefordert als begünstigt – wieder und wieder seiner altväterlichen Meinung Ausdruck, dass es im Showgeschäft nur darum gehe, zu legen und gelegt zu werden, im sexuellen Sinn natürlich. Die peinlich berührten bis belustigten Damen attestierten ihm gnädig, dass er eigentlich zurückhaltend und schüchtern sei, Mooswalder nannte ihn sogar „vui liab“. Mag sein. Aber der – auch vom wenigstens charmanten und eloquenten Juror Sido genährte – Eindruck blieb: Hier maßen sich ältere Herren an, jungen Frauen vorzuschreiben, dass und wie sie ihnen zumindest optisch gefällig sein sollen. Das Lederkorsett, das Sara auf Warners Empfehlung trug, war eine traurige Illustration dieser Zumutung.

Rainhard Fendrich, der neben dem bleichen Manson noch gebräunter wirkte als sonst, versorgte seine Schützlinge wenigstens mit praktischen Tipps wie dem, die Lieder zunächst mit Stoppel im Mund zu singen. Man darf bezweifeln, dass die Großen des Pop so trainiert haben. Gut, solche Ratschläge wirken wenigstens auf eine nette Art onkelhaft. Aber in Wahrheit sollten alle angehenden Popstars, die mehr wollen als Männern in oder nach der Midlife-Crisis zu gefallen, das befolgen, was Marilyn Manson kokett gesagt hatte: „Wer Erfolg haben will, hört nicht auf mich.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.01.2011)

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