Das neue Festspielhaus in Erl hat am Donnerstag die Feuerprobe bestanden: Der „Figaro“ – in reduzierter Inszenierung – war ein Erfolg. Das neue Haus verzeiht nichts, macht aber auch kleinere Stimmen gut hörbar.
Vor allem als Haus für Mozart und Verdi ist das am Mittwoch eröffnete Festspielhaus in Erl errichtet worden – deren Werke könnten im 1500 Plätze fassenden Passionsspielhaus nebenan untergehen, meinte Intendant Gustav Kuhn. So war die Spannung groß: Wie klingt eine Mozart-Oper im neuen Festspielhaus? Feuerprobe war die Premiere von „Le Nozze di Figaro“ am Donnerstag: Die Oper wird am 5. Jänner nochmals im Zuge der bis 6. Jänner laufenden Tiroler Winterfestspiele aufgeführt. Ebendiese werden durch das neue Gebäude erst möglich, ist doch das Passionsspielhaus nicht beheizbar.
Das neue Haus beeindruckte jedenfalls nicht nur ästhetisch. Es ist für Opern mit Rezitativen und Cembalo-Begleitung sowie leiseren Zwischentönen sehr geeignet, die Akustik in dem holzverkleideten, von einem Geigenkörper inspirierten Raum ist ideal. Jeder Ton ist bis zum letzten Platz exakt hörbar, was für die Künstler selbstredend Fluch und Segen sein kann. Das neue Festspielhaus in Erl verzeiht nichts, macht aber auch kleinere Stimmen gut hörbar. So klangen auch Sophie Gordeladze als Susanna und Giulio Boschetti als Figaro höchst passabel, Boschetti steigerte sich im Laufe der Vorstellung bis hin zu seiner letzten Arie ungemein. Gordeladze konnte auch darstellerisch punkten. Die große Entdeckung des Abends war Gräfin Sabina von Walther mit edler, wunderschöner Stimme und starker Bühnenpräsenz, ihre Gräfin wusste die Männer wahrlich in ihre eigenen Fallen tappen zu lassen. Michael Kunze war ein routinierter Graf, der auf Verletzlichkeit setzte, stimmlich aber nicht an von Walther heranreichte.
Wie in Erl üblich stand Intendant Gustav Kuhn selbst am Pult des Orchesters, das für Mozart üppig besetzt war, was manchen Sängern zum Verhängnis wurde, obwohl Kuhn an sich sängerfreundlich dirigierte. Er wurde von seinem treuen Festspielpublikum heftigst akklamiert. Von Kuhn stammte auch die Inszenierung, wie von Erls Zampano gewohnt, reduziert, damit sich die Zuschauer auf die Musik konzentrieren. Und dies tat vor allem beim samtenen Klang von Sabina von Walthers Stimme wohl.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.12.2012)