Biologie: Warum Männer so viel Humor haben

Die Presse (Clemens Fabry)
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Britischer Forscher vermutet Zusammenhang mit Aggressivität.

Dass wir Männer die Frauen vor allem mit einem Talent für uns einnehmen – dem Humor –, ist so bekannt, dass es keiner weiteren empirischen Studien bedarf. Aber wo haben wir sie her, die unwiderstehliche Gabe? Das hat, natürlich, ein Brite erforscht, Sam Shuster, emeritierter Dermatologe der University of Newcastle. Dem wurde die freie Zeit lang, er sah sich nach Neuem um und kaufte sich ein Einrad, mit hart errungener Zustimmung seiner Frau („buy the bloody thing“).

Dann übte er zu Hause, dann fuhr er in die Stadt, dann merkte er, dass er Aufsehen erregt, dann führte er Buch: Kleine Kinder beiderlei Geschlechts machten große Augen, Frauen jeden Alters begleiteten den Wagemutigen mit Anfeuerungen und Ermahnungen zur Vorsicht. Spannend wurde es bei den Männern: Kleine Buben waren freundlich interessiert und fragten nach technischen Details. Wenn sie halbwüchsig wurden, änderte sich das, sie wurden aggressiv, mit Worten und Taten, wünschten den alten Herrn von seinem hohen Ross herab („fall off granddad!“) oder versuchten nachzuhelfen, mit Steinwürfen oder Fahrradattacken.

Witz: Sexuell nützliches Werkzeug

Im Erwachsenenalter legte sich das wieder, nun schalteten die Männer – 75 Prozent – auf Humor um. Dabei brauchten sie reichlich Reaktionszeit, bis ein Witz gefunden war, dann kam häufig – in 66 Prozent der Fälle – ein und der Gleiche: „Lost your wheel?“, leicht abgewandelt auch: „Couldn't afford the other wheel?“

„Die meisten Männer hielten ihre Reaktion für lustig und höhnisch“, berichtet Shuster, eine Hypothese hat er auch, er hat als Dermatologe erlebt, wie sich Männer beim Heranwachsen ändern, und wodurch: „Die einfachste und direkteste Erklärung ist die einer Männlichkeit, die vom Sexualhormon Androgen induziert wird“, das Buben zu Männern werden lässt und Aggressivität bringt, erst direkte, körperliche – bei Halbwüchsigen –, dann verbale, als Humor getarnte oder mit ihm überbaute. „Der Befund, dass Humor eine Androgen-induzierte Aggression darstellt, könnte eine Darwinsche Erklärung für beides bieten: Für seine Attraktionskraft und für seinen dauernden Gebrauch als sexuell nützliches Werkzeug“, schließt Shuster.

Geht das nicht ein wenig weit? „Die Bestätigung der Ergebnisse durch andere Einradfahrer (Alter, Geschlecht etc.) ist wünschenswert“ (BMJ, 335, S.1320). jl

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.12.2007)

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