Albertina-Direktor Schröder: Erfolgreiche Schatzsuche

(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Direktor Schröder feiert einen neuen Ankauf originaler Danhauser-Möbel für die einst devastierten Prunkräume. Es wird wieder wohnlich im Wohnpalais.

Die österreichische Geschichte kann einem um die Ohren schwirren, wenn man Direktor Klaus Albrecht Schröder durch die Prunkräume der Albertina begleitet. Sie sind voll von Geschichten, er ist voll von Geschichten – und langsam sind auch die Fluchten der Damen- und Herrenseite wieder voll von den Möbeln, die all das Erzählte miterlebt haben.

Denn nach der Enteignung durch die Republik 1919 hinterließ Erzherzog Friedrich das Palais „besenrein“, alle beweglichen Güter nahm er ins ungarische Exil mit. 1933 ließ er die Möbel beim Wiener Auktionshaus „Kende“ versteigern. Einzelne Stücke tauchen heute sogar in Kuba wieder auf, weiß Schröder zu berichten. Seit er seinen Job 1999 antrat, ist er auf der Jagd nach den Kostbarkeiten, um die zunächst als Depot und Büros genutzten, devastierten, dann nach peniblen Befunden von Christian Benedik restaurierten Appartements wieder würdig auszustatten. Wenn geht, original.

Seit 2006 wird zurückgekauft, mit Unterstützung eines 2007 eingerichteten Fachbeirats mit Hans Ottomeyer aus Berlin, dem vom MAK karenzierten Experten Christian Witt-Döring und Ilsebill Barta-Fliedl vom Hofmobiliendepot. Rund 70 Objekte „um Millionen von Sponsorgeldern“, so Schröder, wurden seither erworben bzw. restauriert und ausgeliehen, vom MAK oder dem Hofmobiliendepot. Sicherheitshalber habe er jedes Jahr 700.000 Euro Budget für Ausstattungsankäufe eingeplant.

Zwei Schätze stammen sogar noch von den Vorgängern: der mächtige Mittelluster im Musensaal und ein opulentes Sèvres-Tischchen, es war 1787 ein Geschenk Marie Antoinettes an ihre Schwester Marie Christine, Gattin des namengebenden Albert von Sachsen Teschen. Nach Marie Christines Tod 1822 beginnt erst die spannendste, kunsthistorisch bedeutendste Ausstattungsphase des damals größten habsburgischen Wohnpalais: Adoptivsohn Erzherzog Carl erbt und lässt modernisieren. Von Architekt Joseph Kornhäusel und dem damals angesagtesten Wiener Ausstatter, Joseph Danhauser. Der Auftrag war gewaltig, die Mahagoni-Möbel gehören zum Besten, was im biedermeierlichen Wien produziert wurde, so Möbelexperte Witt-Döring.

Auch sein Auftrag ist gewaltig – und schön, meint der Konsulent: Kaum konnte er neue Funde vorstellen, trieb Schröder schon das nötige Ankaufsbudget auf. Alles von privaten Sponsoren, die meisten legten wenig Wert auf Publizität, wie der kürzlich verstorbene Julius Meinl IV., der die Ausstattung von Carls Sterbezimmer übernahm.

Die Enkelgeneration verkauft

Durch einen Generationenwechsel komme gerade dieser Tage viel auf den Markt, meint Witt-Döring. Die Enkelgeneration verkauft also. Bei vielen Familien wie beim Sammler Sobek konnte sich die Albertina das Vorkaufsrecht sichern. Manchmal aber ist die Grenze zwischen Glück und Pech schmal, seufzt Schröder. Im Sommer, der Markt war kurz unbeobachtet, bot ein Tandler einem Auktionshaus – „nicht das Dorotheum“ – Möbel aus einer Villa auf der Hohen Warte an. Es waren neun Danhauser-Möbel aus der Albertina. Der Experte erkannte nicht Wert und Provenienz, akzeptierte nur einen Tisch, den er als historistisch klassifizierte. Der deutsche Händler Mühlbauer bekam Wind von der heißen Ware und schlug zu: 48.000Euro, eine Mezzie. Er recherchierte den Verkäufer und erstand auch den Rest der Möbel. Um wie viel mehr er das Konvolut, darunter auch Carls Mahagoni-Schreibtisch, dann der Albertina weitergab, darüber hüllt sich Schröder in Schweigen. Und seufzt. Der Marktwert für Spitzenstücke des Biedermeier sei zurzeit extrem hoch, was sich etwa bei einem Paar „Stummer Diener“ zeige, zwei exaltiert geschwungenen, spektakulär schlichten Danhauser-Etageren, die schon die große Biedermeier-Ausstellung im Haus einleiteten. Sie sind die teuersten bisher erworbenen Stücke: 235.000 Euro.

DANHAUSER-MANUFAKTUR

Joseph Ulrich Danhauser gründete 1804 in Wien das „Etablissement für alle Gegenstände des Ameublements“, wo er bis zu 100 Arbeiter beschäftigte. 1822–25 stattete er mit Joseph Kornhäusel die Albertina neu aus. Die Firma existierte bis 1838.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 31.01.2008)

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