Musiksommer Grafenegg: Gold und Silber im Wolkenturm

(c) APA (Barbara Gindl)
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Strauss oder Strauß? Angelika Kirchschlager bewies in Grafenegg ihre Kompetenz für beide.

Ob man nicht künftig Sängerinnen die Wetterprognose überlassen sollte? „Und morgen wird die Sonne wieder scheinen“, sang Angelika Kirchschlager zum Abschluss ihrer vierteiligen Richard Strauss-Lieder-Auswahl und hatte, wie sich tags darauf zeigte, recht damit.

„Strauss und Strauß“ war das Motto dieses schließlich vom Wetter begünstigten Abends in Grafenegg. Dort knüpft man heuer wieder an eine vom früheren Grafenegger Impresario Gerhard Großberger begonnene Tradition an, dieses besondere Ambiente nicht nur für große Perspektiven im Herbst zu nutzen, sondern auch an lauen Sommerabenden besondere Gäste einzuladen.

Doch das Tonkünstler-Orchester Niederösterreich konnte weder mit der zu oberflächlich-plakativ hingelegten Ouvertüre zur Strauss-Oper „Die schweigsame Frau“ noch mit dessen früher Tondichtung „Don Juan“, der es an Konzertmeisterglanz wie an virtuos aufrauschender Brillanz fehlte, überzeugen. Ob man bei der Probenarbeit die gegenüber dem Konzertsaal sehr unterschiedliche Freiluft-Atmosphäre unterschätzt hat?

Auch bei der Begleitung der Strauss-Lieder – neben „Morgen“: die Klopstock- Vertonung „Das Rosenband“; „Muttertändelei“, die Hommage an die Geburt seines Sohnes Richard; „Ruhe, meine Seele“ – vermisste man ein subtileres Eingehen auf die künstlerischen Intentionen Kirchschlagers. Die aber zeigte sich in Topform, ging bei ihren differenzierten Deutungen bewusst vom Gehalt der Worte aus. Perfekt schaffte sie nach der Pause den Wechsel zu Johann Strauß, lud als Prinz Orlofsky sich gerne Gäste ein, ließ draußen in Sievering den Flieder blühen. Fliederfarben war auch ihre Robe. Eröffnet wurde dieser Teil mit einer kraftvollen „Fledermaus“-Ouvertüre und der zügig artikulierten Polka schnell „Leichtes Blut“.

Kirchschlagers Lippen

Erich Wolfgang Korngolds filmisch-opulente „Straussiana“ – inspiriert von zwei Strauß-Polkas und einem Walzer aus der Strauß-Operette „Ritter Pazmann“ – hört sich heute wie eine Rarität aus längst vergangener Zeit an. Trotzdem eine kluge Idee, damit die Brücke zum Lehár-Finale zu bauen. Hier zeigten sich Dirigent Alfred Eschwé und Orchester weit mehr in ihrem Element: Bei „Zwanzinette“ nach Motiven aus „Eva“ hatten sie reichlich Gelegenheit, Operettenklischees bedienen zu können, was sie bei ihrer saftigen Darstellung reichlich auskosteten. Ebenso wirkungssicher: der Lehár-Walzer „Gold und Silber“. Reines Gold davor: Mit „Meine Lippen, die küssen so heiß“ aus „Giuditta“ hatte Kirchschlager noch einmal ihren großen Auftritt. dob

("Die Presse", Print-Ausgabe, 11.08.2008)

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