Theaterpolitik mit IS verglichen: Rostocker Intendant entlassen

Sewan Latchinian
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Der Intendant des Rostocker Volkstheaters verglich die Theaterpolitik mit Zerstörungen der Terrormiliz IS. Er will gegen seine Entlassung berufen.

Der Intendant des Rostocker Volkstheaters, Sewan Latchinian, ist fristlos entlassen worden. Latchinian hatte bei einer Demonstration Anfang März die Theaterpolitik in Mecklenburg-Vorpommern mit den Kulturzerstörungen durch die Terrormiliz Islamischer Staat verglichen. Rostocks Oberbürgermeister Roland Methling (parteilos) machte sich daraufhin für seine Entlassung stark. Am Dienstag folgte der Hauptausschusses der Bürgerschaft einem entsprechenden Antrag Methlings. Der Bürgermeister vertritt die Meinung, dass die Äußerungen des Intendanten gegen den Charakter des Vertrags verstoßen, der eigentlich noch bis 2019 gelaufen wäre. Die Entlassung ist der Höhepunkt eines monatelangen Streits um Kürzungen im Volkstheater und die Ausrichtung der Theaterpolitik in der Region.

"Ich bedauere, dass wir zu dieser Entscheidung gezwungen waren", sagte Methling am Dienstag. "Wir werden dafür Sorge tragen, dass das Volkstheater in sicherem Fahrwasser bleibt." Latchinian sei mit sofortiger Wirkung von seinen Aufgaben und Pflichten als künstlerischer Geschäftsführer der Volkstheater Rostock GmbH entbunden.

"An meiner künstlerischen Arbeit lag es nicht"

Latchinian will gegen seine fristlose Kündigung klagen, sagte er im Deutschlandradio Kultur. Jeder wisse, dass seine umstrittene Aussage nur ein Vorwand für die Kündigung sei, sagte Latchinian dem Sender. "An meiner künstlerischen Arbeit kann es gar nicht gelegen haben, und das hat auch niemand gewagt zu behaupten."

Als Grund für die Kündigung vermutete er vielmehr seinen Widerstand gegen die geplante Streichung von zwei der vier Sparten am Volkstheater. Latchinian sagte weiter, es tue ihm leid für das Publikum des Volkstheaters, die Bevölkerung Rostock und das Land Mecklenburg-Vorpommern.

Intendantengruppe fordert Rücknahme der Kündigung

Die Intendantengruppe des Deutschen Bühnenvereins fordert die Rücknahme der Kündigung. "Wir missbilligen diese Vorgehensweise zutiefst", heißt es in einem am Mittwoch veröffentlichten Brief an den Bürgermeister.

Unterzeichnet ist er vom Intendanten des Deutschen Theaters Berlin, Ulrich Khuon, und von Holger Schultze, Intendant des Theaters und Orchesters Heidelberg. Es sei offensichtlich, dass durch dieses Manöver von der eigentlichen Problematik abgelenkt werden soll. Die Theaterpolitik der Stadt führe zur "katastrophalen Zerstörung der Strukturen" des Volkstheaters. Es sei stillos, einen Intendanten unter Vortäuschung falscher Tatsachen - dem Erhalt des Vierspartenhauses - zu engagieren und diesem anschließend die Arbeitsgrundlage zu entziehen, hieß es in dem Brief.

Sicherlich könnten Äußerungen Latchinians in der Öffentlichkeit kritisch gesehen werden, doch sie stellten keinen ausreichenden Grund für eine Kündigung dar.

Rostocker unterstützten Latchinian 

Mehr als 200 Rostocker hatten am Dienstagabend das Rathaus friedlich besetzt, um Latchinian während der entscheidenden Sitzung zu unterstützen. "Es haben nicht wenige gesagt, dass der heutige Tag ein neues, zweites Lichtenhagen ist", sagte er. Seit der Randale 1992 von Tausenden Menschen gegen ein von Ausländern bewohntes Haus steht der Rostocker Stadtteil Lichtenhagen als Synonym für Ausländerfeindlichkeit.

>> Bericht im "Deutschlandradio Kultur"

(APA/dpa)

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