Schwimmender Salon: Und Peymann saß nicht im Ohrensessel

(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Der ehemalige Burgchef Claus Peymann las in Bad Vöslau aus Thomas Bernhards „Holzfällen“.

Liegestuhl, Hängematte, Pritsche – an Sitz- und Liegegelegenheiten mangelt es im Thermalbad von Bad Vöslau nicht. Nur ein Ohrensessel, das ständig erwähnte Möbelstück in Thomas Bernhards Erregungsstück „Holzfällen“, war nicht aufzutreiben. Also musste Claus Peymann mit einem gewöhnlichen, schwarzen Theaterstuhl vorliebnehmen. Auf der kleinen Bühne mitten auf der idyllischen Insel im Quellbecken von Bad Vöslau machte es sich der Ex-Burgtheaterdirektor Freitagabend bequem und las – erstmals überhaupt – aus dem 1984 erschienenen Buch.

Das Publikum ging aufgeweckt mit bei allen Stellen über Theater-Berserker und Burgtheaterdirektorenmacher, die in Wien „innerhalb kürzester Zeit zu Direktorenvernichtern“ werden. Spontanen Applaus kassierte Peymann, der die Burg 1999 Richtung Berlin und Berliner Ensemble verließ, bei der Stelle, an der Bernhards Ich-Erzähler konstatiert, es gäbe in Wien nur Lieblingsburgschauspieler und keine Lieblingsburgtheaterdirektoren.

Die Idee, Peymann nach Bad Vöslau zu bitten und ihn aus „Holzfällen“ lesen zu lassen, hatte Angelika Hager. Die „Profil“-Autorin und Polly-Adler-Schöpferin ist Erfinderin und Intendantin des „Schwimmenden Salons“ in Bad Vöslau. Mit Peymann wurde nicht nur die vierte Schwimmsalon-Saison eröffnet, sondern auch eine, die besonderen Theaterlegenden gewidmet ist. Noch fünfmal werden bis 28. August Schauspieler oder Theatermacher auf der Thermalbadbühne stehen: Michael Heltau liest Briefe von Freud und Stefan Zweig (17. 7.), Schauspielerin Stefanie Reinsperger und Dramatiker Peter Turrini lesen Liebesgedichte von Turrini (7. 8.), Philipp Hochmair gibt Kafkas „Prozess“ (14. 8.) und Maria Bill liest aus Christopher Isherwoods Romanvorlage zum Welthit „Cabaret“ und singt auch dazu (28. 8.; Karten à 18 €).

Peymann sagte vor der Premiere übrigens, er habe am Tag der Lesung nicht mehr gewusst, wieso er eigentlich zugesagt hatte. Doch nach dem tosenden Applaus gestand er, dass es ihm gefallen habe. So gut, dass er angeblich mit „Holzfällen“ auf Bühnenreise gehen will. (awa)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 30.06.2015)

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