Im Weißen Rössl und am Herrensee

"Pension Schöller". Eine der lustigsten Komödien, diesmal mit Musik in Schloss Weitra.Schloss Weitra
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Zwischen Bregenz und Wien hat der Theatersommer wieder allerhand zu bieten: Hamlet als Oper, Frauenschmerz, Romantik und Ritter Rost.

Ein Wahnsinnstext! Unheimlich gut! Unter die Haut gehend! Bringt auf den Punkt, was ich seit Jahren fühle!" Die Begeisterung über Gabriel Baryllis "Honigmond" (in diesem Fall das Hörbuch) ist noch immer groß. Eine Lawine hat der Schauspieler und Schriftsteller Gabriel Barylli, Sohn eines Konzertmeisters der Wiener Philharmoniker, losgetreten, damals, 1993. Dabei war "Honigmond" über drei Frauen und ihre Probleme mit dem männlichen Geschlecht nur der Follow-up zu Baryllis nicht minder erfolgreichem Männerschmerzen-Stück "Butterbrot" (1989). Im Stadttheater Berndorf inszeniert heuer Gerold Rudle "Honigmond" mit Susanna Hirschler, Kristina Sprenger, Adriana Zartl (ab September). Eine der ersten Premieren im Sommertheater gilt am 29. Juni "Calender Girls" auf der Rosenburg (mit Erni Mangold, Konstanze Breitebner, Babett Arens): Reifere Damen treten für einen Pin-up-Kalender vor die Kamera. Eigentlich müsste man im Sommer gar nicht wegfahren: Überall Oper und Theater, schönes Wetter, schöne Landschaft. Was können wir empfehlen?

Bernd R. Bienerts Teatro Barocco, spezialisiert auf historisch exakte Aufführungen, nimmt am 25. 6. wieder "Piramo e Tisbe" von Johann Adolph Hasse in Stift Altenburg auf. Intendant Johannes Wildner setzt in Gars seinen Verdi-Zyklus mit "Otello" fort (ab 15. 7.). Wildner dirigiert selbst. Isabella Gregor inszeniert beim Festival Oper Klosterneuburg die bewährte Kombination von "Bajazzo" und "Cavalleria Rusticana" (ab 9. 7., mit Sebastian Holecek und Stella Grigorian). Händels Oratorium "Jephta" ist beim Festival Retz zu erleben, das mit dem Musikfestival Znojmo zusammenarbeitet (ab 6. 7.). Monika Steiner inszeniert, Ewald Donhoffer dirigiert, Daniel Johannsen singt "Jephta". Neben den kleinen wollen wir die großen Musikfestivals nicht vergessen, vor allem Bregenz, wo heuer Olivier Tambosi "Hamlet" von Franco Faccio inszeniert und junge Sänger sich des "Don Giovanni" annehmen. Zurück nach NÖ und zum Musical: Die Bühne Baden spielt "Jekyll & Hyde", die Geschichte von der Persönlichkeitsspaltung, die in jedem Menschen steckt. Beim Musical-Sommer in Amstetten bringt Ramesh Nair "Footloose" heraus: Ein junger Mann kollidiert mit einem strengen Reverend, der ein Musik- und Tanzverbot verhängt hat (ab 20. 7.) Auf der Felsenbühne in Staatz bringt Intendant und Regisseur Werner Auer Frank Wildhorns "Artus"-Musical heraus (ab 22. 7.).

Kraftakt mit Homer. Auch die Sommerspiele Melk haben wieder ein Musikprogramm: Über Schiffe, Seefahrt (5. 7.), passend zur Hauptproduktion, der "Odyssee", nach Homer, Intendant Alexander Hauer bearbeitet und inszeniert die Geschichte vom listenreichen Krieger, der nicht heimfindet oder vielleicht auch nicht heimfinden will. (ab 16. 6.). Goldonis "Diener zweier Herren" ist heuer nicht nur im Burgtheater zu erleben (ab 22. 5., Christian Stückl inszeniert), sondern auch in Stockerau: Diener Truffaldino muss sich, um wirtschaftlich zu überleben, bei zwei Herren verdingen, eine Geschichte aus Italien im 18. Jahrhundert aber auch von heute (mit Katharina Stemberger, ab 28. 7., Zeno Stanek inszeniert). Eine der lustigsten Komödien der alten Zeit ist "Pension Schöller": Ein begüterter Privatier, einst gespielt vom göttlichen Ernst Waldbrunn in den Wiener Kammerspielen, will endlich einmal etwas richtig Lustiges erleben. Man quartiert ihn in einer Frühstückspension ein und redet ihm ein, dass es sich um ein Sanatorium für psychisch Kranke handelt. In der Pension Schöller kommt der reiche Mann voll auf seine Kosten, und das sollte auch dem Publikum gelingen: Intendant Peter Hofbauer bringt das edle Lustspiel-Altertum aus dem Jahr 1890 von Wilhelm Jacoby und Carl Laufs in Schloss Weitra heraus (ab 8. 7.).

Braunschlag. Noch nicht genug Braunschlag im Fernsehen gesehen oder gar die köstliche Folge mit der Marienerscheinung versäumt? Der Film/Hof Wein4tel in Asparn/Zaya zeigt eine Theaterfassung der mehr krassen als komischen TV-Satire von David Schalko, die sämtliche Karikaturen von Land und Leuten (Österreichs) durch beschleunigte Überzeichnung übertrifft (mit Franziska Hetzel, Michael Rosenberg, Hakon Hirzenberger inszeniert, ab 12. 7.). Margit Mezgolich, die dieses Jahr im Tag mit einer interessanten szenischen Fassung von Elias Canettis Roman "Die Blendung" über einen Schöngeist und seine böse Haushälterin punktete, zeigt als Intendantin im Herrensee-Theater von Litschau heuer "Herrinnen": In der Komödie von Theresia Walser geht es um poröse weibliche Rollen und Rollenspiele (mit Viktoria Schubert, Elisabeth Veit, ab 4. 8.). Das Heitere ist im Vormarsch, nicht nur die Wiener Theater kämpfen mittels Humors und Satire um das Publikum, sondern auch die Sommerspielstätten: Fritz Hammel und Boris Pfeifer spielen in Neil Simons "Ein seltsames Paar" die zwei Herren von unterschiedlichem Temperament, die eine WG versuchen. Werner Sobotka inszeniert den Komödienklassiker beim Theatersommer in Haag (ab 6. 7.). In Schwechat bringt Peter Gruber bei den Nestroy-Spielen "Der böse Geist" (Lumpazivagabundus) heraus, warum der Titel verkürzt wurde, wird man bestimmt bei der Aufführung erfahren. Avisiert ist eine aktualisierte Version des Werkes (ab 25. 6.). In Laxenburg wird erneut Erik Gedeons Songdrama über die Vergreisung der Gesellschaft wieder aufgenommen: "Ewig jung" mit Adi und Maddalena Hirschal (ab 19. 6.). Hirschal leitet auch das Wiener Lustspielhaus.

Kinder. Im ehemaligen Luftschutzbunker nahe der Burg Liechtenstein frönt alljährlich im Sommer Bruno Max, Direktor des Wiener Scala-Theaters, seiner Vorliebe für das Sinistre. Heuer gibt es "Nacht.Stücke Die seltsamen Leiden des E. T. A. Hoffmann" mit 50 Darstellern, wie jedes Jahr als extravagantes Stationentheater. Der schwarze Romantiker Hoffmann, geboren 1776 in Königsberg, war ein Multitalent, Jurist, Schriftsteller, Zeichner und Karikaturist. Als junger Regierungsbeamter verhöhnte er das Militär und schwankte ein Leben lang zwischen bürgerlicher und künstlerischer Existenz. 1822 starb er an den Folgen einer Syphiliserkrankung. Radikaler Schauplatzwechsel zum Kindertheater. Die Festspiele Berndorf zeigen "Grimms Greatest Hits" von Rafael Protiwensky (ab 15. 6.). Die Oper Klosterneuburg präsentiert auch einen "Bajazzo" für Kinder (24. 7.). Der Kindermusicalsommer Niederösterreich in Schiltern bei Langenlois, geleitet von Werner Auer (Staatz) zeigt "Ritter Rost und Prinz Protz": Der Ritter sitzt stundenlang auf dem Klo, das Burgfräulein muss die Hausarbeit machen.
Drückt sich der Kerl etwa? Die Ankündigung klingt ausgesprochen lustig (ab 6. 7.). Noch ein Musical von "teatro": "Pinocchio Superstar", eine Novität, die Geschichte selbst wurde aber nicht verändert (ab 20. 7., im Stadttheater Mödling, ab fünf Jahren). Der Märchensommer in Schloss Poysbrunn im Weinviertel beleuchtet heuer ab 7. 7. "Aladin und die Wunderlampe" neu (ab vier).

Tipp

Mehr Sommerspiele. Die Festspiele Berndorf zeigen neben "Honigmond" den Komödienklassiker "Die Kaktusblüte" (ab 4. 8.): Frau sucht Mann, Mann fürchtet sich. www.buehnen-berndorf.at

Langenlois. Die Schlossfestspiele entführen an den Wolfgangsee: "Im weißen Rössl" von Ralf Benatzky (Regie: Michael Scheidl, ab 21. 7.).
www.schlossfestspiele.at

("Kultur Magazin", 15.04.2016)

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