Shakespeare mit Neonbrille

(c) Shakespeare im Park
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Shakespeare im Park zeigt die „Komödie der Irrungen“ als klamaukiges Spiel mit Spritzpistolen und wildem Stilmix.

Wenn sich getrennte Zwillinge wiederfinden, dann resultiert das meist in einer witzig-schrägen Geschichte mit tragischem Unterton. Das ist im echten Leben so: Die „New York Times“ berichteten im Vorjahr etwa von zwei eineiigen Zwillingsbrüderpaaren in Kolumbien, von denen je einer bei der Geburt vertauscht wurde und aufwuchs, ohne zu ahnen, dass es irgendwo im Land ein weiteres Brüderpaar gab, das genauso aussah. Das ist auch bei Schriftstellern so, von Erich Kästner bis Plautus, der 200 vor Christus mit „Menaechmi“ die vielleicht erste Zwillingsverwechslungskomödie geschrieben hat.

Sie war auch Vorbild für Shakespeares „Komödie der Irrungen“, die vom Festival Shakespeare im Park gerade im Garten von Schloss Pötzleinsdorf gezeigt wird. Regisseur Eric Lomas inszenierte die Geschichte der getrennten, einander unbekannten Zwillingsbrüder Antipholus und Antipholus und ihrer jeweiligen Diener, Dromio und Dromio, die wiederum selbst Zwillinge sind, als klamaukiges Spiel auf der grünen Wiese: Da wird gedroschen und gekeift, getorkelt und mit Wasserspritzpistolen geschossen, während die Missverständnisse, ausgelöst durch die doppelten Herren und die doppelten Diener, ihren Lauf nehmen.

Das Stück spielt formal in Ephesus, wo der eine Bruder daheim und der andere zu Besuch ist – das schlichte Bühnenbild, die Musik (von „Carmina Burana“ bis „Eye of the Tiger“) und die Kostüme lassen es aber von aller Zeit und Örtlichkeit befreit erscheinen. Alles soll hier möglich sein, es gibt neonfarbene Hutbänder und Sonnenbrillen, einen lispelnden Exorzisten im Weltraummantel und einen Herzog im weißen Anzug, dessen Idiom irgendwo zwischen Falco und Favoritner Gangsterboss oszilliert. Die jungen Darsteller bewegen sich in diesem unbeständigen Stilmix mit viel Spielfreude. Claudia Kohlmann (als Luciana/Angelo) zeigt Wandlungsfähigkeit und akrobatische Mimik, Jürgen Heigl (2 x Antipholus) und Daniel Jeroma (2 x Dromio) führen solide und mit stetem Augenzwinkern durch das verspielte Chaos.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.07.2016)

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