Ausfall im Haus am Ring: Der Mephisto-Darsteller war plötzlich erkrankt und konnte am Sonntag nicht auftreten. Bis zur nächsten Vorstellung soll Voss wieder fit sein.
Gert Voss, der am Freitag in der Rolle des "Mephisto" bei der Premiere von Matthias Hartmanns Burgtheater-Inszenierung von "Faust I" triumphierte, musste wegen einer "plötzlichen Erkrankung", wie es auf der Website des Burgtheaters heißt, am Sonntagabend pausieren.
Daher standen nicht wie geplant beide Teile von Goethes "Faust" auf dem Programm, man gab lediglich den zweiten Teil, in dem Voss nicht mitwirkt.
Ab Freitag, dem 11. September, wird Gert Voss "ziemlich sicher" wieder als Mephisto auf der Bühne des Burgtheaters stehen. Er befinde er sich bereits am Wege der Besserung, hieß es heute aus dem Theater.
Nur "Faust II" angesehen "Faust II" sei am Sonntag "fast ausverkauft" gewesen: Obwohl einige Besucher ihre Karten gegen einen anderen Termin eintauschten, hatte sich bereits eine Schlange von Käufern gebildet, um die zurückgegebenen Karten zu ergattern. Die meisten Gäste hatten allerdings die Option gewählt, "Faust II" anzusehen und dann 50 Prozent des Kaufpreises zurückzuerhalten.
Mit einem Marathon hat der neue Direktor des Burgtheaters Anfang September seine erste Saison eröffnet; Matthias Hartmann inszenierte Goethes „Faust – Der Tragödie erster und zweiter Teil“. Text: Norbert Mayer, "Die Presse"-Printausgabe vom 05.09.2009Im Bild: Voss und Moretti in "Faust - der Tragödie erster Teil" (c) AP (LILLI STRAUSS) Naturgemäß ergeben sich bei solch einem Kraftakt auch Phasen der Schwäche. Dreieinhalb von fast sechs Stunden Spielzeit war dem ersten, an sich kürzeren Teil gewidmet. Nur darin spielte Tobias Moretti die Titelrolle. Im Bild: "Faust - der Tragödie erster Teil" (c) REUTERS (HERWIG PRAMMER) Hartmann hat sie ihm langatmig bereitet, aus einem glatzköpfigen alten Gelehrten, der von allerlei technischen Mätzchen umgeben ist, der den ersten Monolog wie im Diktat in einen Laptop hackt, um diesen dann tatsächlich zu zerhacken, wird in der Hexenküche ein hölzerner junger Faust.Im Bild: "Faust - der Tragödie erster Teil" (c) APA/HANS KLAUS TECHT (HANS KLAUS TECHT) Strebendes Bemühen, nicht mehr. Der ist kein Aufreißertyp, kein dämonischer Zauberer, sondern jemand, der die Bedeutungsschwere der Inszenierung mit Monotonie unterstreicht. Ein Problem-Faust. Im Bild: "Faust - der Tragödie erster Teil" (c) REUTERS (HERWIG PRAMMER) Moretti blüht auf, wenn die junge Katharina Lorenz als erfrischendes Gretchen an seiner Seite ist. Er welkt dahin, wenn er neben Gert Voss steht. Der spielt einen schmierigen, tödlich scharfen Mephisto-Clown. Auch Voss kommt nur in „Faust I“ zum Einsatz. Er gibt alles, was er hat. Besonders im Duett mit Maria Happel als Marthe setzt er Glanzpunkte. Im Bild: "Faust - der Tragödie erster Teil" (c) REUTERS (HERWIG PRAMMER) Hartmann liebt das Dunkle, den Nebel ahnungsvoller Gestalten. Das Bühnenbild hat mehr Lichteffekte als Mobiliar. Kuben, in unterschiedlichen Farben, mit sich verändernden Größen öffnen überraschend neue Räume. Im Bild: "Faust - der Tragödie erster Teil" (c) APA/HERBERT NEUBAUER (HERBERT NEUBAUER) Das kann gelingen, etwa bei der bemerkenswert kurzen Walpurgisnacht, die nur aus Tönen und kaum erahnbaren Tänzen besteht, oder so aufgesetzt philosophisch schwer sein wie der riesige Steinquader, von dem Gretchen im Kerker erdrückt wird. Aber er hat sich wenigstens etwas getraut, der neue Chef im Burgtheater. Im Bild: "Faust - der Tragödie zweiter Teil" (c) APA/HERBERT NEUBAUER (HERBERT NEUBAUER) Der zweite Teil ist mit anderen Schauspielern auf gänzlich unterschiedliche Weise gestaltet. Im Bild: Tilo Nest (L, Faust/Heermeister/Plutus) und Joachim Meyerhoff (Mephisto/Baccalaureus/Lynceus) (c) APA/HERBERT NEUBAUER (HERBERT NEUBAUER) Bis jetzt sind - nach der Premiere - nur zwei Termine für die Aufführung beider Teile fix: 6. September sowie 17. Oktober. Im Bild: "Faust - der Tragödie erster Teil" (c) APA/HANS KLAUS TECHT (HANS KLAUS TECHT) "Goethe hat das, was unsere derzeitige Wirtschaftskrise im Kern ausmacht, haargenau analysiert: Nämlich, dass Glauben Geld wert ist und Unglauben Krise bedeutet", sagte Matthias Hartmann im "Presse"-Interview. Im Bild: "Faust - der Tragödie erster Teil" (c) REUTERS (HERWIG PRAMMER) Den Protagonisten hält er für ein Monster: "Der Schaden, den er in "Faust I" anrichtet, ist beträchtlich", so Hartmann. "In "Faust II" macht er dann einfach weiter wie bisher. Reset, alles zurück auf Start. Die Naturgeister löschen sein Gedächtnis und damit auch das Gewissen. Und er baggert sich mit der gleichen Monstrosität seinen Weg durch die Existenzen anderer wie zuvor." Im Bild: "Faust - der Tragödie zweiter Teil" (c) APA/HERBERT NEUBAUER (HERBERT NEUBAUER) Eine Vielzahl an (immer) aktuellen Themen macht "Faust" so attraktiv: Depression, Drogensucht und Liebestaumel, Mord und Totschlag, künstliches Leben, Wirtschaftskrise, Kolonisation, rasende Reisen durch Zeit und Raum.Im Bild: "Faust - der Tragödie zweiter Teil" (c) APA/HANS KLAUS TECHT (HANS KLAUS TECHT) Hartmanns Schwergewicht liegt auf "Faust I". Mit vier Stunden soll der erste Teil doppelt so lange dauern wie der an sich wesentlich umfangreichere zweite. Im Bild: "Faust - der Tragödie erster Teil" (c) APA/HANS KLAUS TECHT (HANS KLAUS TECHT) "Faust" im Doppelpack - das hat Tradition: Bei Max Reinhardt in Berlin dauerte "Faust II" 1911 von 14 Uhr bis 1 Uhr des nächsten Tages. Peter Stein stellte das Werk ungekürzt mit den 12.110 Versen des ersten und des zweiten Teiles auf die Bühne. Im Bild: "Faust - der Tragödie zweiter Teil" (c) APA/HERBERT NEUBAUER (HERBERT NEUBAUER) In "Faust II" wird viel mit Projektionen gearbeitet. Neben Dietmar König, Tilo Nest, Caroline Peters, Yohanna Schwertfeger und Stefan Wieland spielt auch Joachim Meyerhoff mit. Im Bild: "Faust - der Tragödie zweiter Teil" (c) APA/HERBERT NEUBAUER (HERBERT NEUBAUER) Meyerhoff hat im zweiten Teil neben den Figuren Baccalaureus und Lynceus auch den Mephisto übernommen. Er kennt die Rolle aus dem Hamburger Schauspielhaus. Erst im Februar gastierte er als Mephisto der "Faust"-Inszenierung von Jan Bosse aus dem Jahr 2004. Link: Zum Burgtheater Im Bild: "Faust - der Tragödie zweiter Teil" (c) APA/HERBERT NEUBAUER (HERBERT NEUBAUER) (APA)
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