Wiener Festwochen: Menschen im Krieg

Wiener Festwochen Intendant Tomas Zierhofer Kin.
Wiener Festwochen Intendant Tomas Zierhofer Kin.(c) imago/SKATA (Karl Sch�ndorfer)
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„Während ich wartete“ von Mohammad Al Attar und Omar Abusaada führt ins zerrissene Syrien.

Geschichten über den Krieg finden gewissermaßen außer Konkurrenz statt. Wie soll der Mensch, der satt im Frieden lebt, sich äußern zum Unvorstellbaren, der entfesselten Grausamkeit über Jahre? Bei den Festwochen gibt es einen Syrien-Schwerpunkt, zu diesem gehört ein Stück mit dem sanftmütig klingenden Titel „Während ich wartete“ von Omar Abusaada (Regie) und Mohammad Al Attar (Text).

Ein Mann wurde in Damaskus zusammengeschlagen, nun liegt er im Koma. Seine Mutter sitzt bei ihm, seine Schwester, die im Libanon einen Job gefunden hat, kommt – und seine Freundin. Ein zweiter Mann durchläuft die Stadien des Entsetzens, der Auflehnung, der Annäherung an den IS und des Abscheus vor dessen Brutalität. Statt eines Komapatienten sehen wir nur ein leeres Bett, die beiden Protagonisten halten sich meistens auf einem Plateau oberhalb des Krankenzimmers auf.

Der Kranke, Taym, wollte einen Film über seine Familie drehen. Er sammelte, zum Ärger seiner Mutter, privates Material, Briefe, die der Vater an sie schrieb, er war nicht treu, eine Schande, die die Mutter vor den Kindern zu verbergen versuchte. Der Spitalsaufenthalt wird bald zu teuer, der wenige Besitz muss verkauft werden, trotzdem wird Taym schließlich in häusliche Pflege entlassen. Seine Schwester kann sich nicht entschließen, in den Libanon zurückzukehren. Die Freundin jedoch flüchtet in ein neues Leben.

Es gibt einige heitere Momente, wenn ein älterer Hippie, der mit seiner Gitarre inmitten des Chaos die innere Emigration wählte und sich mit häufigem Joint-Rauchen tröstet, sich plötzlich auf Tayms Schwester wirft, aber Liebe ist nicht möglich in dieser Lage.

Viel Heiterkeit im Publikum

Das Publikum lachte oft bei der Premiere am Mittwoch, seltsam, lustig ist hier eigentlich nichts. Schon gar nicht die originalen Einspielungen aus dem Syrien-Krieg.

Die Aufführung berührt, speziell, wenn Tayms Schwester von ihren Metamorphosen erzählt oder die Gruppe sich kurz bei einem Gläschen Wein entspannt, aber sie wirkt auch unbeabsichtigt banalisierend. Wer der Wucht des Krieges gerecht werden will, wähle vielleicht doch lieber Shakespeare oder die alten Griechen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 26.05.2017)

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