Isabel Karajan: "Ein Göttervater war er nicht!"

Isabel Karajan spielt im Nestroy-Hof
Isabel Karajan spielt im Nestroy-Hof(c) APA (ARTINGER Guenter)
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Isabel Karajan, Tochter des Dirigenten Herbert von Karajan, spielt im Nestroy-Hof in einem schrägen Stück über Pferde von Antonio Fian. Ein Gespräch mit der "Presse am Sonntag".

Im Wiener Nestroy-Hof wird am Dienstag „Hennir“ von Antonio Fian uraufgeführt. Es geht um eine Frau, eine Stimme, einen Stummfilmpianisten – und um eine Kulturgeschichte der Pferde. Klingt seltsam. Können Sie Näheres darüber erzählen?

Isabel Karajan: Das Stück spielt in einem Tonstudio. Dort wird der Trojanische Krieg für junge Hörer aufgenommen. Ich spiele eine Kleinschauspielerin, die alle Geräusche des Trojanischen Krieges nachmachen soll, die Schlachten, die Pferde usw. Sie will unbedingt Penthesilea spielen, das war immer ihr Wunschtraum, jetzt hat sie wenigstens einen Satz von Penthesilea, der wird ihr dann aber auch noch weggenommen. Ja, es ist so eine Mischung aus den alten Griechen und Hollywood, das Ganze ist bunt gemischt. Der Hauptdarsteller steckt im Stau und kommt nicht – und daraus ergibt sich dann allerhand. In Österreich ist die Premiere, aber wir wollen das Stück auch in Paris zeigen – es ist bereits übersetzt. Und wir möchten es in deutschen Städten zu spielen.

Sie machen Pferde nach? Wiehern Sie?

Ja. So hat es auch angefangen. Hanspeter Horner, der Regisseur, und ich haben uns im Kaffeehaus getroffen. Er hat gefragt, was ich kann. Ich habe gesagt: Ich kann ein Pferd nachmachen. Das hat ihm gereicht. Dann ist aus dieser Schnapsidee dank des Engagements wunderbarer Menschen ein tolles Abenteuer geworden. Antonio Fian hat ein wunderbares Stück geschrieben.

Sie hatten seit jeher eine besondere Beziehung zu Pferden. Hatten Sie nie Angst?

Nein, wenn ich Angst hätte, würde ich das nicht machen. Ich bin ja auch schon öfter runtergeflogen und habe mich verletzt. Beim ersten Mal war ich neun. Wir sind ausgeritten, ich hatte so ein kleines Shetlandpony. Es war in der Schweiz. Die Soldaten haben Übungen gemacht. Als geschossen wurde, haben die Pferde Angst bekommen und sind davongestürmt. Da gab es einen kleinen Bach. Alle sind drübergesprungen. Nur das Pony blieb stehen. Ich bin in den Bach geflogen und habe mir den Arm gebrochen. Mein Vater kam ins Spital. Ich habe anscheinend nur die ganze Zeit betont, dass es nicht die Schuld des Ponys war, weil ich mir Sorgen gemacht habe, dass ich womöglich nicht mehr reiten darf.

Wie war die Beziehung zu so einem Göttervater wie Herbert von Karajan?

Ich habe keinen anderen Vater gekannt als meinen. Als Göttervater habe ich ihn nie gesehen.

Er galt als distanziert. Wie war er privat?

Wenn er zu Hause war, war er zu Hause und auch nicht distanziert. Das ist so ein Bild, das sich die Leute von ihm machen. Wir sind mit ihm Ski fahren gegangen – und spazieren. Wir haben herumgeblödelt und Indianer gespielt. Er hat mir beigebracht, wie man mit Pfeil und Bogen umgeht, auch wie man Dreirad und Rad fährt. Als ich fünf oder sechs war, haben wir in einem Landhaus in Mauerbach gewohnt. Da gab es im Nebenhaus eine Familie mit drei Kindern. Da sind wir dauernd in Lederhosen auf die Bäume raufgekraxelt. Aber ich möchte eigentlich nicht so viel über die Vergangenheit reden. Das ist ja langweilig.

Was haben Sie von Ihrem Vater gelernt?

Die Wurzeln in der Kindheit, die bleiben. Ich habe eine starke Beziehung zur Natur. Eine Gabe, die ich vielleicht auch von ihm habe, ist die, etwas durchzusetzen – so wie wir das mit diesem Stück hingekriegt haben.

Das „von“ im Namen haben Sie gestrichen. War es mit dem Namen leichter oder schwerer, Karriere zu machen?

Ich habe immer Isabel Karajan geheißen. In Österreich ist das „von“ ja seit ewigen Zeiten abgeschafft. Ich habe anfangs unter dem Mädchennamen meiner Mutter gespielt, aber es kam bald raus. Also habe ich mir gesagt: Es ist ein wunderbarer Name. Man muss ihm Ehre erweisen.

Haben Sie mit Ihrem Vater jemals über den Nationalsozialismus gesprochen?

Das habe ich mit Tabori bewältigt.

Tabori (1914–2007) hatte von 1987 bis 1990 in Wien das Theater „Der Kreis“ – da, wo das Schauspielhaus ist. Sie haben u.a. in „Schuldig geboren“ gespielt, einem Stück von Peter Sichrovsky, in dem es um die Probleme von Kindern aus Nazifamilien geht. Wie war das für Sie?

George war wunderbar und eine ganz wichtige Person in meinem Leben, als Theatervater und als Mensch. Er hat mich angerufen, während ich in Berlin gespielt habe, und hat mich gefragt: Hast du Lust dabei zu sein, ich mache in Wien eine andere Art von Theater. Ich war zwei Jahre da, habe außer in „Schuldig geboren“ noch in einem Stück über Gestalttherapie gespielt – und im Shakespeare-Zyklus.

Sie sind zweisprachig aufgewachsen, spielen in Paris. Ist das Theater in Frankreich anders als hier? Man hat oft den Eindruck, der Film ist dort viel wichtiger.

Nein, nein! Nicht wichtiger als das Theater. Sie können in Paris, ich glaube, 400 Theateraufführungen sehen, sie können über ein Jahr jeden Tag woanders ins Theater gehen. Der Unterschied zu hier ist, dass dort sehr viel weniger bezahlt wird und es so gut wie keine Ensembles gibt. Ich bin nach der Matura nach Paris gegangen und habe dort Schauspiel studiert. Am Anfang war das ein wenig schwierig. Ich spreche zwar fließend Französisch, aber die alten Klassiker, das ist noch mal was anderes. Mit denen haben sogar Franzosen ihre Schwierigkeiten.

Würden Sie gerne einmal am Burgtheater auftreten?

Warum nicht? Es hängt davon ab, was, wie und mit wem. Das Haus ist nicht das Wichtige, sondern die Leute.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.12.2009)

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