Heller Jubel für Domingos düsteren Dogen

Plácido Domingo.
Plácido Domingo.(c) imago/ZUMA Press (Oscar Gonzalez)
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Plácido Domingo wünschte sich Verdis „Due Foscari“ auch in Salzburg und beeindruckte ohne Szene.

Plácido Domingo, mittlerweile ganz im Baritonfach angekommen, war schon 2014 im Theater an der Wien in seiner großen Altersrolle als Verdis gottverlassener Doge Francesco Foscari zu bewundern. In Salzburg verzichtete man nun angesichts der düsteren Handlung um Verrat, Tod und Rachsucht auf prunkvolle Bühnenbilder und pompöse Kostüme: Vom Pathos der Requisite und der Schauspielerei befreit, blieb genug Raum, die unterschiedlichsten musikalischen Ausprägungen der allgegenwärtigen Trauer auszukosten.

Zunächst das Leiden des ins Exil verbannten jungen Foscari: Mit viel Tremolo und recht lautstark beteuerte Joseph Calleja seine Unschuld und die unverbrüchliche Liebe zur Heimat Venedig. Immerhin war er dabei besser zu verstehen als der ihm gar zu zurückhaltend assistierende Ratsdiener (Jamez McCorkle).

Ausgeglichener, mit sanfter Klarheit der Stimme, wusste sich die junge chinesische Sopranistin Guanqun Yu zu artikulieren. Sie sprang für die in der Rolle der Lucrezia vorgesehene Maria Agresta ein, die das Engagement aufgrund einer Operation absagen musste. Folgt man der „Guardian“-Kritik über die „Foscari“-Inszenierung des Royal Opera House 2014, dann war Yu ein mehr als würdiger Ersatz für Agresta, die der Rezensent als „wild, aber farblos“ empfand.

Des Dogen schnippischer Widerpart

Vor allem im Verein mit dem behutsam perlenden Harfensolo modellierte Yu die Phrasen der liebenden Ehefrau des Jacopo Foscari in authentischer Sanftheit und gab sich dann wieder gegenüber dem Dogen schnippisch: Domingos Foscari schien ob solcher Vorwürfe geradezu in sich zusammenzufallen, lieferte ein realistisches Bild des altersmüden Herrschers, dem im irdischen Leben keine Gnade mehr gegönnt wird. Bereits zu seinem ersten Auftritt – vorzeitig also – wurde er für seine zu erwartende, ergreifende Interpretation mit Applaus überschüttet: Michele Mariotti am Pult des Mozarteumorchesters musste mit der Eingangsmusik ein zweites Mal ansetzen.

Widerstandslos gab sich Foscari dem Schicksal nicht geschlagen: Der herzzerreißende Appell der Schwiegertochter an die Vaterliebe weckte in Domingo offenbar jugendlichen Tatendrang: Im dritten Akt fand Domingo noch Kraft für einen schier endlos langen Schlusston – das letzte Aufbäumen des scheidenden Dogen, vor dem erschütternden Ende.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.08.2017)

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