Kušej übers Burgtheater: „Vieles an dieser Tradition ist auch ein Schein“

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Der designierte Intendant, der im Herbst 2019 beginnen soll, beklagt auch, dass seine Vorbereitungszeit zu kurz sei.

„Ich weiß natürlich, dass das Burgtheater eine große Tradition hat“, sagte Martin Kušej, designierter Direktor ebendieses Theaters: „Viel an dieser Tradition ist natürlich auch ein Schein, der durch nichts gerechtfertigt ist. Im Hintergrund, wenn man dann genauer schaut oder nachkratzt, dann sind die Dinge nicht so toll, wie sie landläufig angenommen werden.“

Aufregung provozierte am Dienstag vor allem eine andere Passage des auszugsweise im Ö1-Morgenjournal gesendeten Interviews: „Ich schütte da sicher mal die Hälfte oder zwei Drittel von diesem Suppentopf aus und koche mal eine neue Suppe auf“, sagte Kušej in seiner Antwort auf eine Frage über seine Haltung zum Schauspielensemble. Das relativierte er am Dienstag nachmittag in einer Aussendung: „Der Satz mit der ,Suppe, die ich ausleeren und neu wieder aufkochen will‘, bezog sich generell auf das Wiener bzw. österreichische kulturelle Klima; also eine um sich selbst kreisende, nicht über den Tellerrand blickende Theaterszene, die selbstverständlich aufgemischt gehört.“ Jedenfalls sei es völlig klar, dass es zu größeren Veränderungen kommen werde, das sei ja auch sein Auftrag durch das Ministerium. Tatsächlich hatte Kušej den kritisierten Satz im Ö1-Interview so eingeleitet: „Gerade Wien ist ja berühmt dafür, dass da irgendwie so ein riesiger Suppentopf ist, da steht österreichisches Theater drüber, und dort wird umgerührt oder herumgeschwommen.“

Weiters erklärte Kušej, er wolle weltoffenes Theater machen, das auch fremdsprachige Aufführungen nicht ausschließt.

Kritik übte Kušej, dessen Vertrag als Intendant des München Residenztheaters noch für zwei Spielzeiten läuft, am Timing der Ausschreibung: „Ganz ehrlich gesagt hätte ich mir ein bisschen mehr Zeit gewünscht, und man hätte in diesem Zusammenhang wahrscheinlich ein Jahr länger gebraucht, um das wirklich sehr seriös vorzubereiten und eben nicht parallel arbeiten zu müssen. Mein Vertrag hier läuft 2019 aus, und gleichzeitig müsste ich dann praktisch drei Tage später in Wien anfangen. Das wird sich nicht ausgehen.“ Daher müsse er nun „so eine Art Crossfade machen“, also die Direktion in München schon Monate vorher „langsam auslaufen lassen“ und dann auch in Wien schon mindestens ein Jahr früher „sehr präsent“ sein. Kenner der Kulturpolitik sehen diese Äußerung in Zusammenhang mit den noch laufenden Verhandlungen über Details in Kušejs Vertrag. (APA/red.)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.08.2017)

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