Klassik: Seiji Ozawa muss lange pausieren

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Eine Krebserkrankung zwingt den Dirigenten, Termine abzusagen. Wiens Staatsopern-Direktor Ioan Holender hat Ozawa vor acht Jahren als Musikchef an das Haus am Ring geholt.

Seiji Ozawa (74) muss ein halbes Jahr lang alle künstlerischen Verpflichtungen absagen. Der Dirigent leidet an einem Speiseröhrenkarzinom, will aber „im August wieder am Pult stehen“, wie er im Rahmen einer Pressekonferenz in Tokio verkündete. Die Erkrankung sei während einer Routineuntersuchung „in einem frühen Stadium erkannt worden“.

Wiens Staatsopern-Direktor Ioan Holender, der Ozawa vor acht Jahren als Musikchef an das Haus am Ring geholt hat, bedauert „sowohl persönlich als auch für das Haus außerordentlich, dass Seiji Ozawa im letzten halben Jahr unserer gemeinsamen Amtszeit seine Tätigkeit nicht ausüben kann. Unsere besten Wünsche und Gedanken gelten Seiji Ozawa.“

Maestro für Schönbrunn gesucht

In Wien, wo Ozawas Zeit als Musikchef der Staatsoper offiziell mit Ende Juni abläuft, hätte der Maestro ab 15.Jänner eine Aufführungsserie von Mozarts „Hochzeit des Figaro“ dirigieren sollen, die Adam Fischer übernimmt. Außerdem stand die Leitung des nun schon traditionellen Freiluftkonzertes der Wiener Philharmoniker vor Schloss Schönbrunn auf dem Programm. Ein Einspringer für dieses auch medial verwertete Projekt wird noch gesucht.

Ozawa freut sich, wie er auf der Pressekonferenz bekannte, auf die Aussicht, im August für das von ihm gegründete Saito Kinen Festival im japanischen Matsumoto wieder auf dem Podium erscheinen zu können. In der Zwischenzeit muss er auch Termine mit den Berliner Philharmonikern und dem Gustav Mahler Chamber Orchestra abgeben.

Vorzeitig zu Ende ist damit die Ära des Dirigenten an der Wiener Staatsoper, die mit einem Paukenschlag begann, als Ioan Holender verkündete, Ozawa nach seinem Abgang von seinem langjährigen Posten beim Boston Symphony Orchestra an das Wiener Opernhaus holen zu wollen.

Ozawa kam mit vergleichsweise schmaler Opernerfahrung nach Wien, wo er freilich ein Orchester vorfand, dem er seit Beginn seiner steilen Karriere freundschaftlich verbunden war: Als Protegé Herbert von Karajans akzeptierten die Wiener Philharmoniker den als Sohn japanischer Eltern in der Mandschurei geborenen Ozawa sogleich als einen hinreißenden Animator am Pult, der für energetische Aufführungen sorgte. Auch als Operndirigenten lernten die Musiker Ozawa früh kennen, als er bei den Salzburger Festspielen Mozarts „Così fan tutte“ einstudierte. Doch blieb danach das Konzertpodium seine Domäne.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 08.01.2010)

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