Landestheater Linz: Olymp sucht die Super-Nymphe

Erfreuliches für die Ohren bei Rameaus Ballettoper „Platée“.

Was ist schon der dramatische Dreifachtod in der „Tosca“ gegen das Drama, das sich in Jean-Philippe Rameaus Oper „Platée“ abspielt? Eine an Hässlichkeit ziemlich konkurrenzlose Sumpfnymphe sehnt sich so stark wie vergeblich nach Zweisamkeit. Da lässt sich kein Geringerer als Jupiter selbst vom Olymp herab und macht ihr einen Antrag. Nur zum Schein freilich, denn der Götteroberste will damit einzig Kettensägen-Juno von ihrer sonst wohlbegründeten Eifersucht kurieren. Der vermeintlichen Braut wird der Schleier vom Gesicht gerissen – und ein Spottregen geht über der so grausam genasführten Nymphe nieder, die zum Tümpel zurückwatschelt.

Wie gemein! Doch halt, so einfach ist die Sache nicht. Zu einer Täuschung gehört auch der, der sich täuschen lässt. „Platée“ ist denn auch eine witzige Studie über ein Wesen im Stadium fortgeschrittener Realitätsverweigerung und grotesker Selbstüberschätzung. Schlüssig setzt Regisseur Anthony Pilavachi am Linzer Landestheater gleich zu Beginn eine Anspielung auf Casting-Shows: Olymp sucht die Super-Nymphe, Jupiters next Topmodel.

Glänzendes Brucknerorchester

Die niederträchtige Täuschung und die Mitschuld Platées in der Balance zu halten wäre eine spannende Aufgabe für die Inszenierung gewesen. Pilavachi hält sich jedoch an die Devise, die Dramaturg Felix Losert im Programmheft ausgibt: Empathie sei fehl am Platz. Und so gerät diese Linzer „Platée“ trotz des großen schauspielerischen Einsatzes der Protagonisten zur Klamauknummer nach dem Motto: Hihi, diese dumme Nuss.

Diesem Konzept gemäß agiert der Tenor William Saetre in der Titelrolle allerdings wirklich glänzend. Komisch bis in die verfilzten Haarspitzen hinein, auch manche vokale Schärfe mag ihre Ursache in der Rollenkonzeption haben. Vom Rest des Ensembles überzeugten vor allem Daniel Jenz mit seinem flexiblen Tenor (Merkur und Thespis) sowie Gotho Griesmeier als stimmgewaltige Verkörperung der „Narrheit“ mit todesmutig attackierten Spitzentönen. Sehr ansprechend auch der warme Sopran von Elisabeth Breuer (Clarine, L'Amour).

Die Überraschung des Abends: Was das Brucknerorchester unter der Leitung des barockversierten Martin Braun leistete, ist für ein Orchester, das in diesem Repertoire nicht zu Hause ist, mehr als beachtlich. Mit großem Augenmerk auf die Phrasierung und einem äußerst sprechenden Musizieren machten sie erlebbar, wie raffiniert Rameaus Partitur gearbeitet ist. hd

("Die Presse", Print-Ausgabe, 15.02.2010)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.