Schauspielhaus: Wer traut sich an der Finanzkrise vorbei?

Dekalog II: Kathrin Rögglas leicht lähmende „Machthaber.“

„Du sollst den Namen des Herrn, deines Gottes, nicht missbrauchen.“ Was passt zum zweiten Gebot besser als – erraten – ein Kurzdrama über die Finanzkrise im Allgemeinen, die Ruchlosigkeit der Akteure an den Finanzmärkten im Besonderen und die Unbelehrbarkeit der Menschheit im Universellen?

Für die siebte Folge seines Uraufführungs-Dekalogs hat das Wiener Schauspielhaus Kathrin Röggla als Autorin verpflichtet. Thematisch wurde es eher ein „Tanz ums Goldene Kalb Geld“. Die szenische Umsetzung (Regie: Daniela Kranz) ihres Textes „Machthaber“ war durchaus originell, das barocke Setting (mit den Tücken von Kostüm und Perücke kämpften: Thiemo Strutzenberger, Marion Reiser, der brillante Mimiker Johannes Zeiler und Angela Ascher) ein gelungenes Bild: für die abgehobene Sprache der Finanzwelt und ihre von der Außenwelt, sprich Wirtschaft, oft abgekoppelten Entscheidungen. Individuen zählen da nicht mehr, deshalb heißen die Protagonisten schlicht und schlüssig „Er“, „Sie“, „Der Andere“, „Die Andere“.

Die Wiederentdeckung des Indikativs

Weiteres Distanzmittel ist die Sprache selbst, über weite Strecken herrscht die indirekte Rede, und sie übt eine zunehmend lähmende Herrschaft aus. Wenn Zeiler gegen Ende zurück ins Momentum des Handelns findet und den Indikativ wiederentdeckt, kommt er zunächst ins Stocken. Auch dies ein gelungener Einfall. Ansonsten bietet der Text kaum neue Einsichten zu einem Thema, an dem man sich derzeit als Autor offenbar kaum vorbeitraut (Wie oft ist in den letzten Wochen eigentlich „Der Roman zur Krise“ erschienen?). Über die Distanz von 50 Minuten ist Rögglas Text leider nicht viel aufregender als jener Brocken Barockmusik, der zum Weichkochen des Publikums vorab in Endlosschleife aus den Boxen geflossen war. hd

("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.03.2010)

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