Pöchacker und Marold: „Mir ist Weihnachten wurscht“

(c) ORF (Hans Leitner)
  • Drucken

Susanne Pöchacker und Eva Marold, bekannt aus der ORF-Show „Was gibt es Neues?“, über Religion und Bräuche, Männer, Schönheit und ihr neues Programm "Sie werden dran glauben müssen“.

Sie werden dran glauben müssen“, heißt das neue Programm von Kabarettistin Susanne Pöchacker. Darin hat eine Bürgermeisterin eine Erscheinung: George Clooney bittet sie in den Himmel, in „die Zentrale“, wie Pöchacker sagt: „Dort erfährt sie, dass es völlig wurscht ist, woran man glaubt, und alle Menschen gleich sind. Daraufhin will sie einen ,One-Stop-Shop‘ für alle Glaubensrichtungen aufmachen.“

Auch Eva Marold startet ihr nächstes Kabarett religiös angehaucht: In „Working Mom“ spielt sie eine vierfache Mutter, die als Alleinerzieherin das Leben meistert, und setzt die erste Hälfte des Stücks als Beichtgespräch an. „Für eine Hausfrau und Mutter ist das oft die einzige Möglichkeit, dass dir wer zuhört“, erklärt Marold. Sie selbst ist auch katholisch aufgewachsen und war in einer Klosterschule: „Vielleicht ist das der Grund, warum ich mich jetzt so abwende.“ Denn inzwischen verstehe sie bei dem Thema keinen Spaß mehr: „Ich bin allen Religionen gegenüber skeptisch.“ Missbrauchskandale in der Kirche etwa seien für sie „zu ernst, um sich darüber lustig zu machen“. Auch Pöchacker geht auf die Missbrauchsfälle ein – und sammelt im Publikum Spenden für den Verein „Die Möwe“, der sich für misshandelte Kinder einsetzt. „Die Erzdiözese Wien hat übrigens ein neues PR-Magazin, da steht drin, dass im Erzbischöflichen Seminar ein Kindergarten eröffnet wird. Ich frag mich, ob das unter ,Beschaffungskriminalität‘ fällt.“

Beim Thema Weihnachten geht es den beiden Kabarettistinnen weniger um die religiösen Aspekte als um familiäres Flair. „Ich bin ganz uncool ein Weihnachtsfan“, sagt Pöchacker: „Da kommt die Familie zusammen.“ Marold dagegen erklärt, dass sie das Christbaumschmücken etc. nur für die Kinder mache: „Mir persönlich ist Weihnachten herzlich wurscht. Mich nervt's eher, wenn die Leut sich auf der Mariahilfer Straße umstoßen.“ Der Stress einer „Working Mom“ verstärke sich durch all die Einladungen zu Weihnachtsmärkten. Trotzdem hat Marold noch Zeit, einen kabarettistischen Abend über Weihnachten mit Gregor Seberg zu gestalten (am 21.12.), in dem der Grant auf Weihnachten und sogar ein bisschen Besinnlichkeit vorkommen.

90 Minuten im islamischen Zentrum

Reagieren Menschen besonders sensibel auf Witze über religiöse Dinge? „Wer sich durch so etwas beleidigt fühlt, hat sich selbst nicht genügend mit seiner Religion auseinandergesetzt“, meint Marold: „Wenn ich selbstbewusst sag: ,Ich glaub, was ich glaub', dann kann der daneben doch sagen, was er will.“ „Das sind Leute, die zu sich selbst keinen Abstand haben“, sagt auch Pöchacker. Sie hat bei der Recherche für ihr Programm jedenfalls gute Erfahrungen mit dem Islam gemacht: „Das waren die Einzigen, die sich mit mir getroffen haben.“ Mit der evangelischen Kirche und der Israelitischen Kultusgemeinde hat es nicht geklappt, ein Informationsgespräch zu führen. „Aber im islamischen Zentrum in Floridsdorf bin ich eineinhalb Stunden auf dem Boden des Männergebetsraums gesessen und habe viele interessante Sachen gelernt.“ Anfangs dachte sie, als Frau dürfe sie gar nicht in die Moschee.

Apropos vermutete Diskriminierung von Frauen: Im heimischen Kabarettbusiness gab es lange Zeit keine Frauen außer Andrea Händler und Dolores Schmidinger. Seit einigen Jahren fallen immer mehr Kabarettistinnen positiv auf. Doch die ORF-Rateshow „Was gibt es Neues?“ hält weiter an der niedrigen Frauenquote fest, Marold oder Pöchacker sitzen jeweils allein zwischen vier Männern. Pöchacker stört das nicht: „Ich bin selbst mit vielen Burschen groß geworden.“ Den tiefen Schmäh der Männer könnte sie oft locker unterbieten: „Aber wer will des sehen?“ Die Fernsehpräsenz habe für sie beruflich nichts geändert, sagen beide. Sie werden aber jetzt im Bus oder Kaffeehaus öfter mit Namen gegrüßt. „Was in verfänglichen Situationen schon komisch ist“, so Pöchacker. Schwierigkeiten im Kabarettbusiness mache ihr weniger, dass sie eine Frau sei, sondern dass der Markt von Comedys überschwemmt wird: „In schwierigen Zeiten wollen die Leute anscheinend einfach nur lachen und nicht nachdenken.“

US-Entertainerin Joan Rivers hat einmal provokant gesagt, es gebe keine Komikerin, die als kleines Mädchen hübsch war. Ist das eine Beleidigung für Kabarettistinnen? Auch hier sind sich die beiden einig: „Joan Rivers hat recht.“

Marold: „Ich war nie die Beautyqueen im Dorf, aber alle haben mich gern dabei gehabt, weil's dann lustig war.“ Pöchacker: „Ich bin im Nachhinein froh darüber. Ich hab z. B. gern gelernt, und Bildung und ein gescheiter Beruf sind mir auch heute noch wichtiger als das Frauenbild, das jetzt transportiert wird, bei dem man vor allem wissen muss, wie viele Nagellackfarben es gibt.“

Die Kabarettistinnen

Eva Marold (geb. 1968 in Eisenstadt) hat Dolmetsch und Theater studiert. Am 21. 12. spielt sie im Stadttheater Walfischgasse mit Gregor Seberg „Krippeschutzimpfung“. Am 27. 1. hat ihr Solokabarett „Working Mom“ ebendort Premiere (Regie: Fifi Pissecker).

Susanne Pöchacker (geb. 1967 in Scheibbs) hat Physik studiert und macht seit 2002 Improtheater. Am 31. 1. 2011 hat ihr zweites Solokabarett „Sie werden dran glauben müssen“ in der Kulisse Wien Premiere.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.12.2010)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.