Nestroy-Preis: Hinter den Kulissen tobt heftiger Streit

NestroyPreis Hinter Kulissen tobt
NestroyPreis Hinter Kulissen tobt(c) APA/Barbara Gindl (Barbara Gindl)
  • Drucken

Die "Initiative Rettet den Nestroy Theaterpreis" will den Nestroy-Preis reformieren. Die Akademie, die die Nominierungen vornimmt, sei "schlampig, beliebig und unkomplett".

Der Nestroy-Preis, der bereits seit mehr als einem Jahrzehnt,soll reformiert werden. In den vergangenen Jahren geriet der Preis zunehmend in die Kritik geriet: Galaveranstaltungen, die zu pompös oder zu farblos gerieten, ein Nominierungsabo für manche Künstler sowie zuletzt eine deutliche Burgtheater-Lastigkeit bei den Preisen sorgten für Unmut.

Der laufende Reformversuch wirkt wie ein Machtkampf voller Intrigen, Beleidigungen und Beleidigtheiten. Öffentlich wurde die Sache zeitgemäß im Internet. Dort sind seit wenigen Wochen gleich drei Homepages zum Nestroy-Preis abrufbar. Doch nur www.nestroypreis.at wird auch tatsächlich vom für die Vergabe zuständigen "Verein Wiener Theaterpreis" betrieben, der laut Selbstdarstellung "von Freunden des Wiener Theaters ins Leben gerufen wurde" und "eng mit der Stadt Wien zusammenarbeitet".

"Schlampige" Website

Die Homepage www.nestroypreis.com, auf der in Text, Bild und Video die Nestroy-Preis-Verleihung 2010 festgehalten ist, wird entgegen der Angabe im Impressum nicht vom Verein betrieben. Was es damit auf sich hat, erfährt man auf www.nestroy.org. Hier listet eine "Initiative Rettet den Nestroy Theaterpreis" "Vorschläge zur Reorganisation" auf. Ein Punkt ist die Verbesserung der "unübersichtlich und schlampig gemachten" bestehende Nestroy-Website. Mit der "professionellen, übersichtlichen und benutzerfreundlichen" neuen Seite habe man einen Vorschlag "als Muster bereits erstellt". Über ein Impressum verfügt die Website der Retter nicht.

Hinter der "Initiative Rettet den Nestroy Theaterpreis" stehen der Schauspieler Paulus Manker sowie die Theaterdirektoren Michael Schottenberg (Volkstheater) und Herbert Föttinger (Theater in der Josefstadt). Während Manker beim Nestroy 2011 den Publikumspreis einheimsten konnte, gingen Josefstadt und Volkstheater ebenso wie alle anderen Bühnen des Landes mit Ausnahme des Burgtheaters leer aus.

"Der 'Nestroy' stösst in der Branche zunehmend auf Unzufriedenheit, bei den KollegInnen und bei den Theaterdirektoren regt sich Unmut, die Durchführung und Organisation wird in Frage gestellt", heißt es in der "Prämisse" der Reformvorschläge. "Vor allem das Zustandekommen der Nominierungen, der Preisvergabe und die Form der Veranstaltung wird kritisiert, viele Kolleginnen und Kollegen haben das Interesse an Veranstaltung und Preis verloren, weil die Theater nicht eingebunden sind und es keine Transparenz über das Zustandekommen der Abläufe, die Zusammensetzung der Gremien und das Procedere der Wahl und der Preisvergabe gibt."

Hauptkritikpunkt Wahlmodus

Zentraler Punkt unter den zahlreichen Reformvorschlägen ist die Umdrehung des bisherigen Wahlmodus, bei dem eine siebenköpfige Journalisten-Jury unter dem Vorsitz von Karin Kathrein Nominierungen vornimmt, über die eine vorwiegend aus früheren Ausgezeichneten bestehende rund 300-köpfige Akademie, deren Zusammensetzung als "schlampig, beliebig und unkomplett" kritisiert wird, ihre Wahl trifft.

Da die meisten Akademiemitglieder nicht alle nominierten Aufführungen sehen würden, verkomme der Nestroy "zu einem reinen Sympathie-Voting". Deshalb solle künftig die Akademie die Nominierungen und die Jury, die "ausnahmslos alle Vorstellungen" sehen müsse und "durch Branchenvertreter ergänzt" werden soll, die Sieger bestimmen. Außerdem soll es künftig eine Kategorie "Beste Bundesländeraufführung" geben und die Kategorie "Beste Aufführung" auf Österreich beschränkt werden.

Auf Anfrage der APA zeigt sich der "Verein Wiener Theaterpreis" (Obmann: Werner Urbanek, Stellvertreterin: Karin Kathrein) erfreut "über jede ernsthafte Beschäftigung mit seinen Zielen und Methoden und ist auch jederzeit gesprächsbereit, wenn die Regeln der Fairness und des Anstands eingehalten werden." Es bestehe "durchaus die Absicht aus den bisherigen Erfahrungen bestimmte Reformen abzuleiten."

Das bisherige Vorgehen, bei dem das offizielle Nestroy-Preis-Logo verwendet und die "nestroypreis.com"-Domain ohne Wissen des Vereins erworben worden sei, erinnere allerdings "weniger an eine sachliche Auseinandersetzung, sondern vielmehr an den Versuch einer 'feindlichen Übernahme'. Als Absicht ist zu vermuten, den unabhängigen Verein 'Wiener Theaterpreis' gängeln zu wollen." Eine Einbindung der Direktoren könnte letztlich "die bisher unangezweifelte Unabhängigkeit des Vereins in Misskredit bringen. Eine Mitwirkung im Rahmen eines neu zu gründenden künstlerischen Beirats ist dagegen höchst willkommen."

Schreiduelle?

Ein erstes Gespräch zwischen Vereinsvertretern und den Proponenten der Initiative soll in Schreiduellen geendet haben. Die Reformer versuchen indes an verschiedenen Fronten, Tatsachen zu schaffen. So haben sie nach eigenen Angaben am 7. April selbst eine "Österreichische Theaterakademie" als Verein eingetragen und behaupten erstaunlich selbstbewusst: "Diese Akademie wird in Hinkunft bindend für den 'Nestroy' sein müssen."

Auch versucht man heftig, Verbündete zu finden. Doch nicht jeder, der von den Proponenten als Mitkämpfer genannt wird, weiß davon. Die Nerven liegen blank, und das gewählte Vorgehen wird nicht von jedem Freund des Trios goutiert. Im Moment scheint ein Großteil der Szene abzuwarten, wie der Kampf ausgeht.

Käme die Initiative von den offiziellen Vertretungsgremien der österreichischen Theater, dem "Wiener Bühnenverein", dem "Theatererhalterverband Österreichischer Bundesländer und Städte" und der "IG Theater" und würde die Diskussion offen geführt, hätten wohl viele kein Problem, sich an der Reformdebatte zu beteiligen, mutmaßt ein Insider. So liegt der Ball derzeit beim Kulturamt. Wo man ihn partout nicht haben will. "Der Nestroy-Preis war von Haus aus von einem unabhängigen Verein getragen", heißt es dort. Kulturstadtrat Andreas Mailath-Pokorny (SPÖ) sei zwar "überzeugt, dass der Nestroy-Preis reformiert werden muss", lässt seine Sprecherin Gerlinde Riedl ausrichten, und "alle, die dazu etwas beitragen, sind herzlich willkommen." Primär sei dies allerdings eine Sache des Vereins, der "ganz normaler Subventionswerber" sei.

Hinter den Kulissen hört man allerdings von intensiven Gesprächen, die Theaterreferent Christopher Widauer mit den Reformkräften führen soll. Und tatsächlich hat man auch im Kulturamt durchaus gewisse Vorstellungen, in welche Richtung es gehen soll: Der Nestroy soll ein Kritikerpreis bleiben, und er soll weiterhin international wahrgenommen werden. Riedl, kryptisch: "Die Stadt Wien wird sich bemühen, dazu beizutragen, dass es gut läuft. Übernehmen werden wir den Preis nicht."

(APA)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.