Kabarett oder Theater? Film oder Realität?

(c) Niedermair
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Das junge Duo „Flüsterzweieck“ baut seine einzigartige Form des Kabaretts im zweiten Programm aus: „Wie im Film nur ohne walter“ beleuchtet das Thema Liebe aus unerwarteten Blickwinkeln.

„Die Liebe ist ein seltsames Spiel.“ „Worte sind der Duft des Herzens.“ „Die Liebe ist eine Fatamorgana der Gesellschaft.“ „Unsere Liebe soll brennen wie Fackeln im Sturm.“ „Du bist mei' Bergwerk!“ All diese Sätze fallen im neuen Programm des jungen Duos „Flüsterzweieck“: Wann und wie genau, daran kann man sich nach der Premiere im Kabarett Niedermair kaum erinnern.

Ulrike Haidacher und Antonia Stabinger haben (gemeinsam mit Koautorin und Regisseurin Katrin Hammerl) ein Skript erschaffen, das von Anspielungen auf das Leben und die Liebe nur so wimmelt. Sie nehmen und verdrehen abgedroschene Sätze aus dem alltäglichen Beziehungsleben, mixen diese mit Filmzitaten, Poesiealbumsprüchen und Goethe-, Rilke-, Fried-Zitaten und kredenzen dem Publikum damit keine leichte Kost: aber eine, die so richtig gut sickert.

Schon der Titel ist verwirrend: „Wie im Film nur ohne walter“ nennen die Grazer Germanistikstudentinnen das Stück. Die Dramaturgie ist tatsächlich „wie im Film“: Während bei ihrem Debütprogramm vor zwei Jahren noch ein „Episodenfilm“ mit voneinander unabhängigen Szenen zu sehen war, bieten sie nun einen durchgehenden Plot, bei dem sich die Geschichten der fünf Hauptfiguren am Ende kreuzen. Vielleicht wollen sich die Künstlerinnen so der Feuilleton-Diskussion entziehen: „Ist es Kabarett? Ist es Theater?“. Es ist eben ein Film auf der Bühne.
Klar ist jedenfalls das Thema des Abends: die wahre, poetische, lupenreine Liebe. Und was daraus wird, wenn man versucht, sie in eine Beziehung zu packen.

Als Kontrast zeigen Flüsterzweieck einerseits Szenen eines unverhofften Liebespaares in einem Stil, der sowohl mit 50er-Jahre Romantik spielt, als auch einer deutschen Telenovela entstammen könnte. Wie auch im vorigen Programm muss man dabei stets zugleich auf die künstlerische Sprache der Damen achten, als auch auf ihre Gesichter, Gesten und Körperhaltungen, die teils perfekt dazu passen und teils grotesk unpassend sind. Das „Filmpärchen“ klingt dabei wie aus einem Berliner Synchronstudio. Hingegen spricht das „echte Pärchen“, das an einem schwierigen Punkt der Beziehung angekommen ist, eher österreichisch (jedoch ohne zuordenbare Dialektfärbung).

Letztere zerpflücken das Verhalten von langjährigen Pärchen bis zur Lächerlichkeit, sodass man darüber lachen kann.
Insgesamt bauen Flüsterzweieck einen gelungenen Spannungsbogen auf, der zu einer Conclusio führt: „In Wirklichkeit will niemand weg aus der Realität.“ Faszinierend ist auch das Spiel mit den Geschlechterrollen. Beim „echten Pärchen“ wird nicht klar, wer den Mann und wer die Frau spielt, oder ob es zwei Frauen sind. Beim „Filmpärchen“, die eigentlich zu dritt sind, wechseln Stabinger und Haidacher andauernd die Rollen, wer wer ist (hervorragend gelöst durch leicht austauschbare Outfits des biederen Ehemanns, des jungen Mädchens und des geheimnsivollen Helden).

Hier wird – wie im Film – kein Zweifel daran gelassen, dass die Frau das zarte Geschlecht ist und der Mann der Ernährer bzw. der Anzuhimmelnde. Und dabei zeigt sich, wie gute Schauspielerinnen Flüsterzweieck sind: Denn sie übertreiben teils die von Film und Fernsehen vorgegebene Form um genau den Deut, der das Ganze lustig macht, und verbiegen diese Form an anderen Stellen bis ins Skurrile.

Schlussendlich geben Haidacher und Stabinger als Zugabe noch die Antwort auf die Frage: Was passiert mit den Helden eines Films – nach dem Happy End? Sie enden als „Schatzi-Bussi-Pärchen“: Zwei telefonierende Turteltauben, die schon der Publikumserfolg in ihrem ersten Programm waren.

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