Die österreichische Kandidatin Natália Kelly ist in der Vorentscheidung ausgeschieden. Donnerstag, folgt die zweite Vorausscheidung.
„Es hat alles seinen Sinn im Leben. Es wird schon wieder bergauf gehen.“ Die Sätze, mit denen die österreichische Songcontest-Kandidatin Natália Kelly ihr Ausscheiden aus dem Bewerb kommentiert hat, illustrieren gut, warum ihr Song „Shine“ so schlecht war: Routine-Optimismus, gefasst in einen Refrain von der Frische eines abgestandenen und entkoffeinierten Diät-Colas. Es war auch heuer wieder erstaunlich, wie sich die österreichische Musikbranche in die Illusion hineinsteigerte, mit einem so öden Lied könne man den Songcontest gewinnen.
Nein, das kann man nicht. Auch nicht, wenn man ein braves Mädchen als brav (und „natürlich“) vorführt. Der Songcontest mag ja ein gräuliches Ereignis sein, aber in einem ist er pop as pop can be: Er verherrlicht das Künstliche, die Maske, die Masche, das Blendwerk, das Zitat. Auch das moldawische Lied war entsetzlich bieder, aber die Sängerin trug ein riesiges rosa Kleid, das immer riesiger wurde. Auch der ukrainische Song war belanglos, aber die Sängerin ließ sich von einem Riesen auf die Bühne tragen. Und der russische Song mit seinem Refrain, der wie die Quersumme aus allen Songcontest-Refrains klingt? Haben den die Luftballons gerettet? Tja. These hin, These her, der Songcontest ist und bleibt rätselhaft.
Die wirklich lustigen Beiträge, seltsamerweise alle aus Ex-Jugoslawien, sind leider auch ausgeschieden. Die montenegrinischen Astronauten, die serbischen Lausmädchen, der kroatische Männergesangsverein und die slowenische Elektroheizung-House-Partie mit Vollvisier waren den Sehern vielleicht doch zu schrullig.
Dänemark setzt auf nackte Füße
Subtiler wirkten wohl die nackten Füße der dänischen Sängerin, die von der ersten Tranche am ehesten Siegeschancen haben dürfte. Ihr Song „Teardrops“ hat etwas Keltisches, tribale Trommeln treiben ihn voran. Sie sind heuer ein Mikrotrend im Mikrokosmos des Songcontests: Der Herzensbieger aus Irland ließ sich von tätowierten Oben-ohne-Trommelknaben begleiten, die – zumindest optisch – an die slowenischen Totalitarismus-Entlarver „Laibach“ erinnerten.
Solomänner sind selten geworden unter den Songcontest-Interpreten. Nur drei waren im ersten Halbfinale, alle klangen nach dem Pop der Achtzigerjahre, der großen Ära der verletzten Männerseele. So trägt der litauische Sänger Andrius Pojavis in seinem Song „Something“ zwei verschiedene Schuhe – „der eine heißt Liebe, der andere Schmerz“ – und singt die Zeile „I promised myself“ so, dass man einfach an Nick Kamens gleichnamigen Hit aus dem Jahr 1990 denken muss. Wie gesagt: Alles, was zählt, ist die Kunst des Zitats.
Donnerstag, folgt die zweite Vorausscheidung, bei der sich wieder zehn Länder fürs Finale am Samstag qualifizieren.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.05.2013)