„Wetten, dass . . ?“: Über das Ende einer Showlegende

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Zumindest das Finale der Wett-Show erreichte wieder gute Quoten, regte die Fangemeinde ein letztes Mal auf – und zu Online-Diskussionen an. Ein Nachruf.

Doch irgendwie symptomatisch, das Ende einer Fernsehlegende nur noch über Twitter zu verfolgen“, zwitscherte eine Nutzerin des Mikroblogging-Dienstes am Samstagabend. In den sozialen Medien wurde genau beobachtet, berichtet, diskutiert – über den „Gänsehaut-Moment“, als der verunglückte Wett-Kandidat Samuel Koch zu seinem Auftritt auf die Bühne kam, über den „würdelosen Abgang“ einer großen Show. Und auch mit sarkastischen Kommentaren wie diesem: „9,27 Mio Menschen verfolgten das Ende von #wettendass. Nicht, dass das jetzt doch eine Serie wird.“ Das sicher nicht. Auch an eine Fortsetzung in abgeänderter Form ist nicht gedacht. Aber zumindest konnten sich die TV-Sender über die Quoten der Final-Show freuen: Neben den 9,27 Millionen, die im ZDF dabei waren zählte der ORF weitere 760.000 Zuschauer (33 Prozent Marktanteil). Das ist nicht schlecht, kommt aber nicht an die besseren Ausgaben des „Tatort“ heran.

ORF-Sprecher Martin Biedermann beteiligte sich auch an der Kommunikation im Netz und schrieb auf Twitter, dies sei „ein würdiger Abschied“. Insbesondere bei den Jungen habe man „Top-Quoten“ erzielt – mit überdurchschnittlichen 37 Prozent Marktanteil bei den zwölf- bis 29-Jährigen. Das kann allerdings nicht darüber hinwegtäuschen, dass das Format wegen massiven Zuschauermangels eingestellt wurde: Für den Abtritt von Moderator Thomas Gottschalk vor drei Jahren interessierten sich noch fast 15 Millionen Zuschauer, und auch beim Debüt von Nachfolger Markus Lanz im Oktober 2012 waren noch 13,6 Millionen Neugierige dabei.

Leberwurst, Hauruck-Parolen, Fadesse

Beim Finale am Samstag wollte es Moderator Markus Lanz noch einmal „richtig krachen lassen“. Doch auch Hau-Ruck-Parolen nützen wenig, wenn der Patient bereits dahinsiecht und das Ende unausweichlich ist. Ja, es gab skurrile Wetten (Cheerleader hängen Wäsche auf eine meterhohe Wäscheleine) und nette: Ein Bub erkennt Hunde daran, wie sie ihm Leberwurst vom Handrücken lecken. Aber muss sich ein Wettpate, der seine Wette verloren hat, Leberwurst von der Backe schlecken lassen? Dass Lanz danach nach einem Hund verlangte, der die Reste vom Boden frisst, damit nur ja keiner denkt, da würden Lebensmittel verschwendet, ist nur eines der vielen Beispiele dafür, warum diese Show zuletzt mühsam wurde: zu spießig, zu steif – und immer wieder auch zu langatmig. Symptomatisch auch, dass sich das Format mit einer besonders einschläfernden Schluss-Wette verabschiedete.

„Ergraute und extra nachlässig rasierte Männer sitzen im Kreis und reden von Zeiten, in denen das Haar noch voller war“, schreibt die „Welt“ in ihrer TV-Kritik. Einige Absätze über fliegende Cheerleader, kurze Röcke und einen Tanz von Hermann Maier weiter schreibt der Redakteur: „Man fragt sich ein wenig, ob das ZDF eigentlich nur ein Programm von alten Männern für alte Männer ist.“ Die „Prise Sexismus“, die er konstatiert, gehörte auch zu „Wetten, dass . . ?“ – ein Relikt aus einer anderen Zeit.
So wurde ausgiebig in Erinnerungen geschwelgt, wenn auch ohne die „Wetten, dass . . ?“-Titanen Frank Elstner und Thomas Gottschalk. Am Samstag kamen dafür Stars von nah (Otto Waalkes, Bully Herbig) und fern (Ben Stiller). Es wurde gesungen (Helene Fischer und die Fantastischen Vier) und gelacht, als Otto und Bully ihre Wettschulden mit einem Ständchen beglichen: „Arrivederci, Lanz!“ Später konstatierte „Spiegel Online“, die Sendung habe sich angefühlt, „wie eine Beerdigung, bei der sich die Trauergäste um Fröhlichkeit bemühen“. Tatsächlich gab es auch berührende Momente. Nicht die Tränen, die Lanz ganz zum Schluss in den Augen hatte, als er sich um 23.49 Uhr – mit einer Stunde Verspätung – endgültig vom Publikum verabschiedete: „Machen Sie's gut. Das Leben geht weiter – wetten, dass . . ?“ Berührend war vielmehr der Auftritt des seit seinem Wett-Unfall querschnittgelähmten Samuel Koch, der Lanz und seine taktlosen, uninteressierten Fragen über sich ergehen ließ, weil er „nochmal vernünftig Abschied nehmen“ wollte. Er stahl Lanz die Show. Ein letzter erinnerungswürdiger Moment.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 15.12.2014)

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