Die heimische Musikszene will eine verbindliche Quote für österreichische Musik im ORF. 40 Prozent entspreche dem europäischen Durchschnitt.
Die heimische Musikszene fordert eine verbindliche Quote für österreichische Musik im ORF: Die öffentlich-rechtlichen Sender sollen 40 Prozent heimische Musik spielen müssen. Das ist eine der vier Forderungen, die österreichische Musiker und Musikproduzenten nach einem Runden Tisch, zu dem SPÖ-Kultursprecherin Elisabeth Hakel am Montag ins Parlament geladen hat, formulierten.
Grundsätzlich beklagte man, dass der ORF "durch die Nicht-Repräsentanz österreichischer Musik einen ganzen Wirtschaftszweig gefährdet", so Thomas Rabitsch. Der Musikproduzent war einer von 14 Teilnehmern, zu denen auch Musikproduzent Walter Gröbchen, Universal Music-Chef Hannes Eder sowie die Musiker Lukas Plöchl und Birgit Denk gehörten.
Eine Quote von 40 Prozent würde dem europäischen Durchschnitt entsprechen, argumentierten die Teilnehmer. Daneben pochte man auf Wertschätzung seitens des ORF, der "österreichische Musik angemessen zu präsentieren" hätte.
>> Welche österreichischen Bands gilt es 2022 zu entdecken? Wir stellen spannende neue Pop-Acts vor Gute Musik aus Österreich gibt's nicht? Gibt's doch! Da fallen einem Parov Stelar, Naked Lunch, Attwenger, Francis International Airport, Garish, Velojet, Anna F., Clara Luzia, Effi, Sofa Surfers/I-Wolf, Soap&Skin, Gustav, Raf 3.0, Chakuza, Ken Hayakawa, Texta, One Two Three Cheers and A Tiger, The Bandaloop, (die aufgelösten) Bunny Lake und einige mehr ein. DiePresse.com stellt Ihnen 33 österreichische Bands und Musiker vor, mit denen die ORF-Radios locker auf 40 Prozent Quote kommen könnten:Text: Maciej Tadeusz Palucki. (c) APA/HANS PUNZ (HANS PUNZ)
Das in Wien lebende Quartett Bilderbuch hat zwar heuer einen Amadeus Award (FM4-Preis) erhalten. Es hätten aber wohl mehrere sein müssen (bestes Video! zum Beispiel für "Maschin"). Man kann diese Band nicht oft genug erwähnen. (c) Bilderbuch Facebook
Leer ging das Elektronik-Duo Camo & Krooked aus. Dabei ist ihr drittes Album "Zeitgeist" wirklich hervorragend (den Amadeus für das beste Album bekam Christina Stürmer). (c) Camo & Krooked Facebook/Andrew Attah
Schöner Pop, der auf den Sommerurlaub einstimmt, kommt vom Wiener Songwriter-Duo Florian Marko und Emanuel Rudas vulgo Chronic City. (c) Anwora
Superb produzierte urbane Elektronik kommt von Cid Rim aus Wien. (c) Cid Rim Facebook
Seine Songtitel heißen "Grant" und "Oasch". Wer neues Wienerlied sagt, muss auch Nino aus Wien sagen. (c) APA/HERBERT PFARRHOFER (HERBERT PFARRHOFER)
Das Indierock-Trio um Lelo Brossmann (Heinz) hat 2012 eine exzellente Debütplatte veröffentlicht. Hoffentlich folgt heuer eine Fortsetzung. (c) Destroyed but not Defeated Facebook
Seit Jahren spielt der Niederösterreicher DJ Schmolli DJ-Sets von Moskau bis Rio. In seinem neuen Mashup verarbeitet er den ESC-Beitrag von The Common Linnets. (c) Florian Ziegler
Seit fünf Jahren warten die Fans von Dorian Concept auf sein zweites Album. Spoiler-Alert: Es wird wohl wieder super werden. (c) Dorian Concept Facebook
Keine Unbekannten sind auch Elektro Guzzi, die mit ihrem analogen Techno schon bei den namhaftesten Festivals wie dem Sonar gespielt haben. (c) Elektro Guzzi Facebook
Singer-Songwriter Elija arbeitet derzeit in Berlin an seinem zweiten Album. Ein Vorgeschmack: Sein Cover von Sias "Chandelier". (c) Elija
Ankathie Koi und Judith Filimónova, zwei Musikerinnen mit einem Faible für Kate Bush, bilden seit 2011 den Electronic-Pop-Act Fijuka. (c) copyright Clemens Schneider
Die Britpop-affine Wiener Formation Freud produziert seit 2007 Ohrwürmer. Ihr "Bisco Deat" führt aktuell die Single-Wertung der "Austrian Indiecharts" an, das Album "Yesterday Today Tomorrow" liegt bei den Alben an der Spitze. (c) MATTHIAS_HOMBAUER
Der oberösterreichische Rapper Gerard, der sich früher Gerard MC nannte, kratzte mit seinem Werk "Blausicht" schon den Top-Ten der Album-Charts. Vielversprechend. (c) Christine Pichler
Neben Naked Lunch und Monobrother hat auch das famose Elektronik-Duo HVOB eine Nominerung bei den Amadeus Awards abgelehnt. Sie tourten zuletzt durch die USA (u.a. Auftritt beim Festival SXSW) und Südafrika. (c) HVOB
Für Ja, Panik gilt Ähnliches wie für Bilderbuch. Auch das in Berlin lebende Rock-Trio kann man nicht oft genug erwähnen. Dürfen ruhig noch einmal am "Spex"-Cover tanzen. (c) Ja, Panik
Joyce Muniz steht schon fast ihr halbes Leben hinter den Plattentellern und im Studio - ob mit Skero, Bam oder Louie Austen. (c) Joyce Muniz Facebook
Elektronikgespann mit zweideutigen deutschen Texten und eindeutig ansteckenden Melodien. Das sind Julian und der Fux. (c) Christine Pichler
Wenn Kreisky-Sänger Franz Adrian Wenzl im Video zu "Pipelines" auf einem Fuchur-Lookalike durch die Lüfte schwebt, geht das Herz auf. (c) Christine Pichler
Drei Mitglieder der Punk-Gruppe 3 Feet Smaller wagen mit Lian einen Neustart: Melodiöser Hipster-Rock mit deutschen Texten. (c) Lian
Das heimische Label Siluh steht für Qualitäts-Indie-Pop-und-Rock. Das trifft auch auf das gemischte Quartett Luise Pop zu. (c) Luise Pop Siluh
Und weiter gehen die Siluh-Lobeshymnen: Die fünfköpfige Wiener Formation M185 bringt am 23. Mai ein neues Album heraus ("Everything Is Up"). (c) M185 Facebook
"Holography" heißt das neue Album von Mile Me Deaf, das kürzlich erschienen ist. Der Lo-Fi-Hit "Shiver" ist der Soundtrack zum Frühsommer. (c) Mile Me Deaf Facebook
Wie HVOB und Naked Lunch hat auch der sozialkritische Rapper Monobrother auf eine Amadeus-Nominierung verzichtet. Aktuelles Album "Unguru". Nächstes Konzert: 23. Mai beim Donaukanaltreiben. (c) Monobrother
2013 schafft es der Wiener House-Produzent MOTSA in eine Compilation des renommierten, britischen Musikmagazins "Mix Mag". Zu Recht. (c) Christine Pichler
Rapper Skero hat die Kapitel Kabinenparty und Texta beendet. Sein neues Projekt: Das Wienerlied-Trio Müßig Gang, das in Zusammenarbeit mit Wienerglühn entstanden ist. (C) Müßig Gang feat. Skero
Dass - selten, aber doch - aus TV-Castingsendungen hörenswerte Musik durchsickert, beweist die junge Tiroler Pop-Band Nihils. (c) Arcadia Agency
Elektronica, Jazz, Funk. Das Duo Ogris Debris ist schwer zu kategorisieren. Umso besser. (c) Ogris Debris Facebook
Der 18-jährige Wiener salute sorgt mit seinen Remixes (Sam Smith, Ginuwine) und Tracks - der Begriff "Future-Soul" kommt seinem Stil vielleicht am nächsten - für Furore. (c) Christine Pichler
Und wieder eine der sympathischen Siluh-Bands: Sex Jams. Auf der Label-Website steht was von Blondie und Dinosaur jr. Ja, durchaus. (c) Sex Jams Facebook
Seit 2007 schrammeln The Beth Edges aus Wien wie Mando Diao zu ihren besten Zeiten. Die aktuelle Single "Pure Dynamite" hätten die Schweden wohl auch gerne geschrieben. (c) Julie Brass Photography
"Wake Up" von The Boys You Know (Wohnzimmer Records) erinnert an die Pixies. Die Indie-Formation aus Wien hat noch weitere enzückende Lieder. (c) The Boys You Know/Andreas Jakwerth
Und noch ein empfehlenswertes Indie-Quartett aus dem Hause Wohnzimmer. Live-Tipp: Am 24. Mai spielen We Walk Walls beim Donaukanaltreiben. (c) We Walk Walls Facebook
(Italo-)Discobotschafter Wolfram hat 2011 sein Album-Debüt herausgebracht. Hoffentlich kommt heuer sein zweites. Im Best Case in Zusammenarbeit mit Giorgio Moroder.Es gibt selbstverständlich viele weitere Bands und Musiker aus Österreich, die man kennen sollte. Walter Gröbchen hat im "Presse"-Gastkommentar noch mehr für Sie parat. (c) Wolfram
Von Bilderbuch bis Wolfram
Ö3 spielt so wenig österreichische Musik wie noch nie
Mehrfach angesprochen wurde auch die noch bis Ende des Jahres geltende Musikcharta, die im Jahr 2009 ins Leben gerufen wurde. Bisher hätte sich aber gezeigt, dass die vom ORF und den Musikschaffenden unterzeichnete Vereinbarung vom öffentlich-rechtlichen Sender nicht eingehalten werde. Gerade Ö3 mache dies deutlich, werde dort doch so wenig heimische Musik gespielt wie nie zuvor, kritisierte Eder. Für diesen Fall wären Konsequenzen vorzusehen, wobei sich weder Hakel noch die Vertreter der Musikszene näher zu einer möglichen Ausgestaltung äußern wollten.
Abschließend verwiesen die Anwesenden, unter ihnen auch darauf, dass die Information und Repräsentanz heimischer Musik jeglicher Art zum Kultur- und Bildungsauftrag eines öffentlich-rechtlichen Rundfunks zu zählen sei. Mit den Forderungen wolle man aber keinesfalls in die redaktionellen Abläufe eingreifen, sondern angemessene Rahmenbedingungen schaffen.
Widerspricht Quotenregelung EU-Gesetzen?
Juristisch geprüft wird laut Hakel derzeit noch, ob eine Quotenregelung auch mit den Grundfreiheiten der EU vereinbar ist. In weiterer Folge stehen jedenfalls Gespräche mit Kultur- und Medienminister Josef Ostermayer (SPÖ), mit dessen Büro man in einem guten Dialog stehe, sowie dem ORF an.
Hakel hatte mit dem Quoten-Vorschlag bereits vor einigen Tagen aufhorchen lassen. Unterstützung erhielt die Politikerin in der Folge von Kulturverbänden, die im Nischendasein heimischer Kultur ein "massives Problem" orteten.
Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des "Rundes Tisches" stellen fest, dass der ORF durch die Nicht-Repräsentanz österreichischer Musik vor allem in Ö3, Radio Wien und im Fernsehen einen ganzen Wirtschaftszweig gefährdet und so die Entwicklung der kulturellen Vielfalt in Österreich behindert. Darüber hinaus ist es Aufgabe des ORF, einen wesentlichen Beitrag zur österreichischen Identität zu leisten und österreichische Eigenarten als Chance und nicht als Hindernis zu sehen. Sie stellen daher folgende Forderungen:
1.) WERTSCHÄTZUNG Der ORF hat als öffentlich-rechtlicher Rundfunk, welcher über Gebühren finanziert wird, die Aufgabe, den österreichischen Musikschaffenden mit Wertschätzung entgegen zu treten und österreichische Musik angemessen zu präsentieren.
2.) SELBSTVERPFLICHTUNG Die bis Ende 2014 geltende Musikcharta, die vom ORF und den Musikschaffenden unterzeichnet wurde, ist in jedem Fall einzuhalten. Die Zahlen zeigen, dass die Vereinbarung bisher nicht eingehalten wurde. Für den Fall einer Nicht-Einhaltung sind Konsequenzen vorzusehen.
3.) QUOTE Nachdem die Selbstverpflichtung bisher nachweisbar gescheitert ist, braucht es eine verbindliche Quotenregelung in der Höhe des europäischen Durchschnitts von 40 Prozent heimischer Produktionen. 4.) KULTUR- UND BILDUNGSAUFTRAG Der ORF muss seinen Kultur- und Bildungsauftrag in jedem einzelnen seiner Sender nachkommen. Die Programmhoheit insbesondere für Ö3 muss beim Sender selbst liegen und die Programmierung durch RedakteurInnen bei Ö3 erfolgen.
Teilnehmer des Runden Tisches: Thomas Rabitsch, Birgit Denk, Samuel Fischer, Walter Gröbchen, Georg Tomandl, Mario Rossori, Lukas Plöchl, Harry Fuchs, Hanibal Scheutz, Peter Paul Skrepek, Peter Vieweger, David Bronner, Hannes Eder und Alexander Hirschenhauser.
Eine Ö3-Mitarbeiterin hat sich despektierlich über österreichische Popmusik geäußert. Das legt einen alten Konflikt wieder einmal offen: Heimische Popmusiker fühlen sich vom „Hitradio“ des ORF vernachlässigt.
Das Interview von Ö3-Mitarbeiterin Elke Lichtenegger auf Okto TV sorgt in den sozialen Netzwerken für Unmut. Der Ö3-Chef hat sich für die "Gedanken- und Respektlosigkeit" entschuldigt.