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The Common Linnets in Wien: Der Sturm nach dem Sturm

The common linnets
The common linnets(c) Universal Music Austria
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Die Niederländerin Ilse DeLange galt für viele als heimliche Siegerin des heurigen Song-Contests. Nun gastierte sie für ein Überraschungskonzert in Wien.

Mitunter gab es Jahre – manche sprechen gar von Jahrzehnten – in denen der Eurovision Song Contest verschmäht und hämisch beurteilt wurde. Der Liederwettbewerb sei von minderer Qualität und Trash, so der Tenor der Kritiker. Heuer, im 59. ESC-Jahr, überwiegen hingegen die positiven Meinungen. Das liegt nicht nur – aus österreichischer Sicht – am Erfolg von Conchita Wurst, der auch ein gesellschaftspolitisches Signal bedeutet hat, sondern auch an der gestiegenen musikalischen Qualität. Diese wurde unisono dem niederländischen Beitrag, dem Country-Folk-Song „Calm after the Storm“ von The Common Linnets, attestiert. Ilse DeLange und ihr Gesangspartner Waylon belegten in Kopenhagen den zweiten Rang, gleichbedeutend mit der besten Platzierung der Niederlande seit 1975. Am Montagabend gastierte DeLange im Lokal „Replugged“ in Wien-Neubau.

Später internationaler Erfolg

Nach Österreich reiste die 37-jährige Sängerin mit zwei Musikern - Jake Etheridge und JB Meijers - aber ohne ihren Song-Contest-Kompagnon an: „Viele Leute glauben, dass wir ein Duo sind, aber das sind wir nicht“, sagt DeLange im Gespräch mit der „Presse“. In ihrer Heimat ist sie ohnehin als Solokünstlerin bekannt – und das seit 16 Jahren. Sieben Alben hatte sie vor dem Common-Linnets-Projekt veröffentlich, sechs davon schafften es an die Spitze der niederländischen Charts. „International passierte in all den Jahren aber nicht wirklich was“, so die Sängerin. Ein Höhepunkt war wohl der Auftritt als Support-Act vor den Dixie Chicks, einer berühmten weiblichen Country-Formation aus den USA.

Country-Ohrwurm als Charts-Erfolg

Der europaweite Durchbruch gelang ihr erst vor wenigen Wochen beim Song Contest. Dass sie überhaupt teilgenommen hat, verdankt sie auch ihrer Landsfrau Anouk. Die bekannte niederländische Rock-Sängerin hatte im Vorjahr den neunten Rang belegt. „Sie hat definitiv meine Meinung über den Song Contest beeinflusst und verändert. Bei ihr war der Song im Fokus ohne viel Entertainment“. Das trifft auch auf den diesjährigen Beitrag aus dem Benelux-Staat zu: Der sanfte Ohrwurm  „Calm after the Storm“ hob sich deutlich von der Konkurrenz ab und reüssiert nun in den Charts. Top-Ten-Platzierungen in wichtigen Musikmärkten wie Großbritannien und Deutschland: Damit hatte die Sängerin wohl nicht mehr gerechnet. Auch hierzulande erfreut sich die Musik der Common Linnets großer Beliebtheit.

"Geheimkonzert" im Keller

In Österreich liegt die Single aktuell auf Platz drei, das Album auf Rang acht. Dementsprechend groß war auch der Andrang beim „Geheimkonzert“ am Montagabend – die Plattenfirma Universal hatte erst wenige Tage den Gratis-Gig für Fans organisiert. 200 Besucher – teilweise mit niederländischen Landesfähnchen ausgestattet oder manche auch ganz in „Oranje“ – empfingen die Common Linnets frenetisch. Die Sängerin zeigte sich berührt, und das obwohl sie schon vor einem größeren Publikum auftrat. Fünf Lieder aus dem gleichnamigen Album wurden präsentiert. Am größten war der Jubel, wenig überraschend, als das Trio die Hit-Single anstimmte. DeLange irritierte die Euphorie („das ist doch ein trauriges Lied“). Dass das Unplugged-Konzert lediglich eine halbe Stunde dauerte, wurde nicht unbedingt negativ aufgenommen - dafür waren die Temperaturen im Lokalkeller zu hoch.

Viele warteten trotzdem noch, um sich ein Album signieren zu lassen. Auch Fotos waren begehrt. „Der Sturm nach dem Sturm“, wenn man so will. Genauso beschreibt DeLange auch ihre gegenwärtige Situation. So arbeitet sie bereits an einem neuen Album. Für die von ihr besungene Ruhe nach dem Sturm muss sie sich also noch gedulden. Ein Luxus für so manchen ehemaligen Song-Contest-Teilnehmer.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.05.2014)

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