Pop

Prince live in Wien: Er mag keine Handys

Prince feierte Geburtstag in der Wiener Stadthalle
Prince feierte Geburtstag in der Wiener Stadthalle(c) Saskia Lawaks
  • Drucken

Prince feierte 150 Minuten lang Geburtstag auf der Bühne der Wiener Stadthalle. Das erst vor zehn Tagen anberaumte Konzert lockte immerhin 10.000 Fans. Sie gerieten zu Recht in Verzückung. Es war der beste Wien-Auftritt dieses Superstars seit 1987.

Es stimmt schon: nichts ist jämmerlicher, als der Versuch die Zeit festzuhalten. Etwa in Form eines auf Handykamera festgehaltenen Moments. Alles was wir haben, ist der Moment. Die Zukunft ist ein Geheimnis, die Vergangenheit eine verblassende Erinnerung. Die schnarrende Stimme eines der Girls von 3rd Eye, der neuen Begleitband von Prince, kam unmittelbar vor dem Konzert extra für Präliminarien in dieser Causa auf die Vorbühne. Sie beschwor die Heiligkeit des unverfälschten Konzertgenusses, der ihrer Einschätzung nach mit Handys und Fotoapparaten empfindlich gestört wäre. Wesentlich unangenehmer waren indes die irgendwo zwischen Gestapo und NSA angesiedelten Methoden der Security diesen als Wunsch getarnten Befehl auch zu exekutieren.

Sobald ein Handy-Display aufleuchtete, ungeachtet, ob man nun SMS schrieb, auf Facebook ging oder die Setlist googelte: verläßlich fand einen der penetrante Lichtstrahl einer superpotenten Ordner-Taschenlampe. So mancher Fan wurde sogar aus dem Saal gewiesen. Das waren unwürdige Begleitumstände eines genialen Konzerts, der besten Wien-Performance von Prince seit 1987. „It´s gonna be a beautiful night" versprach er zu Begann.

Immens rockiger Start mit "Let's Go Crazy"

Neuerdings trägt er wieder Afrokrause, wie zu Beginn seiner Laufbahn, so um 1978 herum. Die silbernen Stiefletten und die weiße Glockenhose, die der enorm quirlige 56jährige Superstar trug, verwiesen auf die Opulenz des Siebzigerjahre-Discofunk. Musikalisch startete Prince mit „Let´s Go Crazy" allerdings immens rockig. Unglaubliche dreißig Jahre ist es her, dass das Album „Purple Rain" erschienen ist, auf dem dieser Knaller erstmals zu hören war. Er und seine stark von Jimmy Page beeinflusste Gitarristin Donna Grantis bohrten sich mit ätzenden Bluesrockriffs brutal ins Sonnengeflecht der Fans. Faszinierend, wie selbstvergessen Prince uralte Songs aufpimpte. Gerade so, als träfe das schöne Wort des bulgarischen Dichters Georgi Gospodinov auf ihn zu: "Es gibt nur Kindheit und Tod. Und nichts dazwischen...." Prince wirkte seltsam alterslos, so als führe er eine Schmetterlingsexistenz jenseits von Ursache und Wirkung.

Agile Bewegungen, scharfe Stimme, gerade vielleicht eine Spur mehr Glanz in den Augen, der darauf schließen lassen könnte, dass er derzeit mehr Schutz von der Herde benötigt. Und tatsächlich, diese fünf oder sechs Mal, die er nach zwei Stunden Spielzeit abging, um dem zwar begeisterten, aber klatschfaulen Wiener Publikum mehr Enthusiasmus abzutrotzen, die waren ein bis dahin unbekanntes Werbeverhalten. „Vienna, do you love the Eighties?" rief er und servierte ein am fiepsigen Keyboard angerichtetes „Cool", einen fast vergessenen Song, den The Time 1981 auf Single veröffentlicht haben. Ein wenig später führte er „She´s Always In My Hair" im eleganten Funkrock-Kleid vor. Auch eine Rarität, 1985 als B-Seite von „Raspberry Beret" herausgekommen. Bei so manchem Song mussten die Fans auf Geheiß des Meisters den Refrain übernehmen. Es geriet unpeinlich. Und dann hagelte es die Hits: „Sign ´O´The Times", „When Doves Cry", „Hot Thing" - alle mit neuem Twist ausgestattet.

„That´s the kind of love we talk about"

Und immer wieder murmelte er wundersame Dinge. Nach einer sehr souligen Lesart von „Nothing Compares 2 U" rief er: „You understand now?". Nach dem heftig quietschenden „Guitar", meinte er nonchalant: „That´s the kind of love we talk about." Und fürwahr - der Mann herzte sein Instrument, wie es allein ihm möglich ist. Funk, Rock, Blues - egal, stets entriegelte er seidigste Melodien, nur um sie im nächsten Augenblick wie Sandmandalas dem heissen Wind der elektronischen Verzerrer zu überlassen.

Das Publikum war hingerissen. Irgendwann sangen einfach alle „Happy Birthday, Prince." Und der kleine Mann war sichtlich gerührt. Als Antwort gab er die patinierte Jukeboxschnulze „Crimson And Clover", im Original von Tommy James & The Shondells.

Völlig ausgespactes "Housequake"

Punkto Funk entwickelten sich die größten Hitzen bei „Controversy" und beim völlig ausgespacten „Housequake". Mit infantiler Freude drückte Prince da ein „Ouuuwh" aus den Tasten. Diesen im Keyboard konservierten Ekstaseschrei aus den Achtzigerjahren mischte er später, weil´s so lustig war, noch in zwei andere Songs. Die Balladenliebhaber kamen allein mit dem innigen „Slow Down", das in Verkünderhaltung zelebriert wurde, auf ihre Kosten. Es folgten aber noch ein behutsam verzärteltes „Sometimes It Snows In April" und die Powerballade „Purple Rain".

Das Wunder? Sie tönt immer noch so frisch wie am ersten Tag. Geduldig wiederholt Prince das eingängige Motiv, variiert es auf Zuruf des Publikums. „Harder?" fragt er, und „Stronger?" Keine Spur von der Ewigkeit der Strapaze, die es eigentlich sein müßte, wenn man mehr oder weniger dazu verdammt ist, den eigenen Evergreen immer und immer wieder zu spielen. Nach einem fruchtigen Instrumental-Jam (Anmerkung Prince: „We show off a little bit") ging es mit dem kantigen „What´s My Name" ins Finale. Die Massen schrien „Prince". Das System antwortete mit einer sich polizeilich aufplusternden Sirene. Und ja: die Taschenlampen der Security blitzten bis zur letzen Sekunde dieser überaus vergnüglichen 150 Minuten.

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.