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Concha Buika: Wie eine Löwin in der Savanne“

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Wie eine Jägerin fühle sie sich, sagt Sängerin Concha Buika, und: Im Studio singe sie meist nackt. Nicht in der Staatsoper: Dort gastiert sie am 2.Juli beim Jazzfest Wien.

Ihre Eltern stammen aus Äquatorialguinea, sie wurde 1972 in Palma de Mallorca geboren: Concha Buika, eine der schillerndsten Worldmusic-Sängerinnen der Gegenwart, mischt in ihren Liedern afrikanische und spanische Einflüsse mit Pop und Jazz. Ihre raue Stimme gefiel dem spanischen Regisseur Pedro Almodóvar so gut, dass er ihr zu ihrem Schauspieldebüt in „Die Haut, in der ich wohne“ verhalf. Auf ihrem aktuellen Album „La noche más larga“ singt sie neben eigenen Songs auch Berühmtes von Billie Holiday, Jacques Brel und Abbey Lincoln.

Die Presse: Wie haben Sie entdeckt, dass Ihre Stimme ein Instrument ist?

Concha Buika: Man hat mir stets gesagt, dass meine Stimme viel zu dunkel sei. Und ich habe selbst die längste Zeit geglaubt, dass sie nicht wirklich zum Singen taugt. Aber ich habe entdeckt, dass man gar nicht mit der Stimme singt, sondern mit der Seele.

Das Gros Ihres Repertoires ist spanischsprachig. Was denken Sie über Hörer, die Spanisch gar nicht verstehen?

Musik hat die Macht, die babylonische Sprachverwirrung unserer Zeit aufzulösen. Ich singe auf allen Kontinenten, und was mich so stutzig macht, ist, dass die Menschen genau an den gleichen Stellen emotional werden.

Sie komponieren eigene Lieder, singen aber auch die Kompositionen anderer. Nach welchen Kriterien wählen Sie aus?

Es sind meist außermusikalische Kriterien. Mir geht es um Themen, die virulent sind. Oft inspirieren mich Zeitungsschlagzeilen, diese oder jene Coverversion in mein Repertoire aufzunehmen. Beim Billie-Holiday-Lied „Don't explain“ zum Beispiel: Da las ich in einem Café über Gewalt gegen Frauen, kurze Zeit später fuhr ein Auto vorbei, aus dem „Don't explain“ zu hören war. Das war ein spezieller Moment für mich, und ich hab das Lied sofort einstudiert. Ich habe einen ganz guten Sinn für den richtigen Augenblick. Das Leben wählt mir die richtigen Lieder.

Auf Ihrem aktuellen Album „La noche más larga“ interpretieren Sie mit viel Zartgefühl Abbey Lincolns „Throw it away“. Was bedeutet Ihnen dieses Lied, dessen Text von Laotses „Tao te king“, dem „Buch vom Sinn und Leben“ inspiriert ist?

Das Schöne daran ist, man schließt die Augen und ist mitten in einem der poetischsten Selbstgespräche, die man sich vorstellen kann. Allein die Textzeile „'cause you can never lose a thing, if it belongs to you“, sagt schon alles. Mag dir das Leben auch Verluste zufügen, die wesentliche Dinge trägst du immer im Herzen. Es ist auch ein Lied über die Möglichkeit der Erfüllung im Alleinsein. Alles lechzt stets nach Liebe, aber die kommt nicht von außen.

Wie kann man sich den kreativen Prozess vorstellen, wenn Sie Ihre Lieder komponieren?

Meistens gehe ich allein ins Studio, ziehe mich nackt aus, habe eine Flasche Tequila oder Rum bei mir und schaue mal, was passiert. Sobald ich einen bestimmten Punkt in mir gelockert habe, fließt die Musik. Die Detailarbeit folgt später.

Sie wirkten 2011 in Pedro Almodóvars Film „La piel que habito“ („Die Haut, in der ich wohne“) mit. Was war das für eine Herausforderung?

Ich musste meine Scheu überwinden. Ein guter Regisseur macht dich etwas tun, und du merkst gar nicht, dass du es tust. Genau das passierte. Zu einem bestimmten Zeitpunkt hatte ich sogar Spaß an den Dreharbeiten. Almodóvar ist erstaunlich. Er ist ein großer Maestro.

Ist Stille etwas, das Ihnen Angst einjagt?

Nein. Es ist eher der Punkt, von dem aus die Musik wächst. Aber ich sage Ihnen etwas. Meine Eltern stammen aus Äquatorialguinea. Eines Abends fragte ich meine Mutter, was das Wort Stille in der Sprache ihres Stammes, der Bube, heißt. Und was sagte sie? Das Wort Stille existiert in dieser regionalen Sprache gar nicht, weil die Menschen aus ihrer Lebenspraxis gar nicht wissen, was das ist. Das gilt wohl für viele Teile Afrikas. Eines ist sicher: Das Wort Stille haben die Afrikaner sicher nicht erfunden.

JAZZFEST WIEN

In der Staatsoper beginnt der Reigen heuer am 1.Juli mit der Daptone Super Soul Revue (mit Sharon Jones und Charles Bradley), es folgen Al Jarreau (3.7.), die Pet Shop Boys (4.), Soul-Funk-Star Cody Chesnutt (6.) und Natalie Cole (7.). Hörenswerte Trompeter im Porgy & Bess: Takuya Kuroda am 3., Ambrose Akinmusire am 7.Juli. Das Dusko Goykovich Quartett gastiert schon von 26. bis 28.Juni im Jazzland. Südstaaten-Original Dr.John spielt am 8.7. im Arkadenhof des Rathauses.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.06.2014)

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