Vor dem Haus in der Hauptstraße 155 in Schöneberg legten am Montagabend Fans Blumen nieder und entzündeten Kerzen für den verstorbenen Sänger.
"Hat er hier gewohnt?" Die Frau mit dem Kinderwagen ist nur zufällig hier, aber sie hat irgendwo gehört, dass das der Ort ist, an dem David Bowie einige Zeit lang gelebt hat. Hier, das ist die Hauptstraße 155 im Berliner Stadtteil Schöneberg. Ein weitgehend unauffälliger Altbau. Aber ein Haus, das für Bowie-Fans eine Art Wallfahrtstätte ist. Erst recht jetzt, nachdem die Nachricht von seinem Tod durch die Medien gegangen ist.
"Komm, gehen wir wieder", sagt ein weißhaariger Mittfünfziger, dem die Tränen über die Wangen rinnen, zu seiner Begleiterin. Er hat eine Blume vor die Haustür gelegt, wie es hunderte andere an diesem Montagnachmittag schon getan haben. Vor dem Hauseingang erzeugen Dutzende Kerzen ein warmes, rotes Licht. Zwischen den Blumen stecken Karten, Zeichnungen, letzte Grüße an den Sänger.
"Er hat es gewusst"
Von 1976 bis 1978 hat David Bowie hier gewohnt. In dieser Zeit nahm er einige seiner größten Lieder auf - etwa "Heroes", in dem er über ein Liebespaar singt, das sich an der Mauer küsst - unter den Schüssen vom Wachturm, "als könnte nichts geschehen". Hier zelebrierte er auch seine Freundschaft mit Iggy Pop, der in eine Nachbarwohnung zog. "Lazarus", erzählt ein Punk mit grünen Haaren und Lederjacke im Gespräch mit zwei weiteren Fans, "das ganze Lied ist Leiden." Bowies gerade erst veröffentlichte Single, die jetzt angesichts seines Todes wie eine Vorahnung seines Todes, ein Vermächtnis wirkt. "Er hat es gewusst", meint er. "So wie bei Lemmy. Der hat da auch kein Aufsehen gemacht."
Kein Aufsehen, davon kann hier keine Rede sein. Eine Menschentraube hat sich um den Eingang versammelt. Nicht alle legen beim Niederknien Blumen nieder - viele suchen auch einfach nur den richtigen Blickwinkel, um mit ihrem Handy ein Foto der Szenerie zu machen. Eine Szenerie, die aber auch ein Hindernis ist - denn plötzlich steht eine Frau im Hauseingang. "Wie machen wir das jetzt?" Ein Mann reicht ihr die Hand, stützt sie, damit sie die Stiegen heruntersteigen kann. Doch es sind zu viele Blumen, zu viele Kerzen. Und so touchiert sie mit ihrem Fuß einige der Kerzen.
Nicht einfach nur Sightseeing
Es sieht danach aus, dass das Treiben noch eine Weile so weitergehen wird. Immer wieder stoßen neue Besucher hinzu. Fotografen und Reporter sammeln sich um die Trauernden. Vis à vis stehen Übertragungswagen der Deutschen Welle und von Radio Berlin. Im Musikcafé nebenan läuft Bowie. "This is Major Tom to Ground Control, I'm stepping through the door." Hier ist man den Andrang von Bowie-Fans gewohnt. So wie auch Fans, die sich vor dem Bowie-Bild an der Wand fotografieren lassen. Und doch, mit dem Tod des Sängers ist nun etwas anders. Die Hauptstraße 155 ist nun nicht einfach ein Ort fürs Sightseeing. Heute wirkt er wie ein Wallfahrtsort.