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Glenn Frey: Die Stimme des milden Westens

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Glenn Frey, Gründungsmitglied der Eagles, ist 67-jährig in New York gestorben. Er war einer der beredtesten Propagandisten des kalifornischen Lebensgefühls.

Eigentlich wollten sie ja nie wieder zusammenspielen, die Eagles, so zerstritten hatten sie sich 1981: Erst wenn die Hölle einfriert, würden sie sich versöhnen, sagten sie mit einer schönen amerikanischen Redewendung. Als sie's dann 1995 doch taten, nannten sie ihr Comeback-Album „Hell Freezes over“. Und Glenn Frey sagte: „Nur um das klarzustellen: Wir haben uns nie getrennt, wir haben nur 14 Jahre Urlaub gemacht.“ Diese Worte sagen schon einiges über die Grundhaltung dieser Band: Das Leben sollte eigentlich ein Urlaubsparadies bei uns daheim in Kalifornien sein, auf einem dunklen Wüstenhighway, kühlen Wind im Haar, den warmen Geruch von Marihuana in der Luft . . .

Richtig, das sind die Eingangszeilen von „Hotel California“, dem Song, den jeder kennt, der je ein Lagerfeuer mit Gitarrenbegleitung besucht hat, und statt Marihuana stand im Original „colitas“, eines der vielen zärtlichen Wörter, die die Hipster im Kalifornien der Sixties und Seventies dafür hatten.

„Take It Easy“, „Desperado“

Glenn Frey, der dieses Lied gemeinsam mit seinen Bandkollegen Don Felder und Don Henley schrieb, war dabei – übrigens genauso wie Henley (ein Texaner) und Felder (aus Florida) – gar nicht aus dem viel gepriesenen Land an der Westküste, sondern aus der hektischen Industriestadt Detroit. Mag sein, dass ihm genau deshalb das kalifornische Lebensgefühl so lieb war, das quasi südländische Laisser-faire, das er – gemeinsam mit Jackson Browne – in einem anderen berühmten Eagles-Song einfing, in „Take It Easy“, aus dem manche Zeilen zu geflügelten Worten wurden, etwa: „Don't let the sound of your own wheels drive you crazy.“

Solche Weisheiten streuten Frey und Konsorten mit butterweichem Harmoniegesang in die Welt, kommentiert von ebenso nachdenklichen Slidegitarren. Man kann darüber lächeln, auch über die Versuche der Eagles, ihre Beschwörungen eines sanften Westens mit Wildwestromantik zu grundieren („Desperado“), immerhin ist einer der populärsten Songs von Tom Waits, „Ol' 55“, von den Eagles: Vom „ridin' with Lady Luck“ träumten sie darin, von „freeway cars and trucks“. Oft galten die Träume der Eagles verflossenen Zeiten, die damals freilich gar nicht so lange her waren: „We haven't had that spirit here since 1969“, heißt es in „Hotel California“, das schrieben sie 1976: Wie schnell doch die Hippiegeneration nostalgisch wurde!

Ebendiese Neigung zum Rückblick in Sehnsucht prädestinierte die Eagles zu Comebacks: Mit dem Doppelalbum „Long Road Out of Eden“ (2007) variierten sie abermals das alte Hippiethema von der Vertreibung aus dem Paradies, ergänzt durch Anklagen gegen den Golfkrieg und die Zerstörung der Natur. 2009 waren sie das erste Mal live in Wien, die Rührung wurde auch dadurch nicht geschmälert, dass so mancher konstatierte, Glenn Frey sehe im Alter aus wie eine Mischung aus Rainhard Fendrich und Gerhard Schröder . . .

Von Glenn Freys Soloaufnahmen ist „The Heat Is On“ (1984) am ehesten in den Ohren geblieben, in den USA kennt man ihn auch als Schauspieler gut, etwa in der Serie „Wiseguy“, in der er einen erfolglosen Musikmanager spielt. In seinem letzten Jahr war Frey schon recht siech, so verschob die – im Lauf der Jahre mit sechs Grammys ausgezeichnete– Band den Auftritt anlässlich der Verleihung des Kennedy-Preises für ihr Lebenswerk im Dezember 2015 um ein Jahr. Nun ist Frey gestorben, als Todesursachen genannt werden Arthritis, Dickdarm- und Lungenentzündung. „Wir waren eine Familie“, sagte Kompagnon Don Henley, „und wie bei den meisten Familien gab es Störungen“. Frey sei „der Funke“ gewesen, „der Mann mit den Ideen“. Nicht nur an der Westküste werden diese Ideen noch lange klingen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.01.2016)

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