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Popfest Wien: Himmel und Hölle in der Karlskirche

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Christian Fuchs und sein Black Palms Orchestra begeisterten am letzten Tag des – auf der Seebühne heuer besonders glatt programmierten – Festivals.

„Hell is empty, that's for sure“, sang Christian Fuchs mit der tiefen Sicherheit des alten Sängers, der alle Straßen gewandert ist, auch jene, die bergab führen. Er sang es unter dem gar nicht leeren Himmel der Karlskirche: Selten hat ein Popkonzert so gut in einen sakralen Raum gepasst wie dieses, obwohl oder gerade weil Fuchs in seinen Liedern und Ansagen so gar keine fromme Miene machte. „Mein Vater war ein großer Atheist“, erzählte er etwa – und widmete ihm den Song „Valley of the Lonely Old Men“.

Zu schicksalshaften Trommeln sang er über das Ende der dunklen Straße: „A new world lies in front of me, and you will carry on.“ Gewiss, das hätte auch Johnny Cash seinem Sohn sagen können oder Leonard Cohen seinen Vater sagen lassen können, doch, so paradox es klingen mag, bei Christian Fuchs hat man das Gefühl, dass er nun ganz bei sich selbst angekommen ist, wo er diesen übermächtigen Ahnen so nahe ist.

Sir Tralala: Was für ein Geiger!

„Sad Moon Rising“, von Fuchs unlängst unter dem Bandnamen Black Palms Orchestra herausgegeben, ist ein großes, reifes, überreifes Album, es klingt nach „Styrian Woods“ (so ein Songtitel), die fast in Oregon liegen, aber eben nur fast, nach heulenden Geistern, im Schlafzimmer und anderswo, nach Schuld und Sühne, nach gebrochenen Lichtstrahlen. Eine konzentrierte Band – höchst intensiv an der Geige: David Hebenstreit vulgo Sir Tralala – brachte diese Welt in die barocke Kirche: ein Konzert, das wieder einmal klarmachte, wofür das Popfest Wien gut sein kann. Das kann man vom Auftritt des flachen, achtellustigen Klassikrock-Parodisten Johann Sebastian Bass nicht sagen, der das Popfest am Sonntag nicht gerade würdig beendete.

Sonst war dieses, wie gewohnt, sehr reichhaltig, vor allem in den kleineren Spielstätten: Am Samstag war z. B. im Brut die genial antivirtuose, in unharmonische Harmoniegesänge vernarrte Punkband Lime Crush zu erleben, am Sonntag im Wien-Museum ein bis zur Explosion versonnenes Psychedelic-Trio namens Elsa Tootsie and the Mini Band. Das hätte auf die große Seebühne gehört! Doch das Programm an diesem schönen Platz war heuer allzu gewissenhaft an einen (vermeintlichen) Massengeschmack angepasst. Um nicht mehrere Bands sinnlos zu kränken, nur ein besonders krasses Beispiel: Der milchige Fünf-Uhr-Tee-für-Banker-Soul von Robb wäre wohl sogar für den Ö3-Nachmittag zu bieder.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 02.08.2016)

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