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1984, 1999, 2000 – und dann?

Kalenderblatt Silvester / Calendar sheet New Years Eve
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Der Trend zum Jahreszahlensong ist seit Langem vorüber. Warum eigentlich?

„Beware the savage jaw of 1984.“ „Party like it's 1999.“ „Let's all meet in the year 2000.“ Kann gut sein, dass bei einer Party zum Jahreswechsel 2016/17 diese Refrains erklingen, sie alle wurden komponiert, bevor das jeweilige Jahr da war. Nun, bei 1984 ist die Sache klar, George Orwell hatte für seinen bitteren Zukunftsroman einfach die beiden letzten Ziffern von 1948 vertauscht, David Bowie folgte ihm. Dass 1999/2000 auch ohne Angst vor einem Computerabsturz etwas Besonderes war, ist einsichtig, aber man darf doch fragen: Wo bleiben heute die in die Zukunft weisenden Jahreszahlensongs?

Gut, da wäre „In the Year 2525“ von Zager & Evans aus dem Jahr 1969, aber das klingt erstens schon ein bisschen altväterlich, zweitens werden wir dieses Jahr auch bei gesundem Lebenswandel eher nicht erleben, da sind sowohl der „20th Century Man“ der Kinks als auch der „21st Century Schizoid Man“ von King Crimson schon Staub.

Und die Jetztzeit? „Die Gegenwart ist auch nicht berauschend“, sangen die Fehlfarben schon 1980, und tatsächlich gibt es erstaunlich wenig Songs oder Alben, die das Entstehungsjahr enthalten, immerhin die Talking Heads veröffentlichten 1977 ein Album namens „77“, aber das enthielt auch die programmatische Zeile: „It's not yesterday anymore.“

Häufiger ist der Rückblick: Im von ihm im Jahr 1984 besungenen Sommer 1969 war Bryan Adams hoffnungsvolle zehn Jahre alt; als die Smashing Pumpkins den Song „1979“ schrieben, war es auch schon 1986; die Manic Street Preachers blickten 2004 übellaunig auf das Jahr 1985 zurück („In 1985, Orwell was proved right“); „1992“ von Blur stammt aus dem Jahr 1999.

Nostalgie, okay. Aber warum in aller Welt nennt sich eine heute aktive, im Jahr 2002 als Schülerband gegründete Indierock-Combo just The 1975? Sänger Matthew Healy erklärt das so: Als Neunzehnjähriger habe er in Mallorca einen Althippie kennengelernt, der ihm „a whole load of beat generation stuff“ geschenkt habe, darunter ein Elvis-Autogramm, Fotos von Jimi Hendrix und Blätter mit völlig verrückten Kritzeleien. Eine Seite trug die Datierung „1st June. The 1975“.

Wie das Jahr zu seinem bestimmten Artikel kam, bleibt offen. TK

("Die Presse", Print-Ausgabe, 11.12.2016)

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