Nathan Trent, der im Sommer seine erste Single veröffentlicht hat, wird im Mai 2017 für Österreich singen.
Im Juni 2016, 41 Jahre nach der bisher berühmtesten Austropop-Watsche – die 1975 Wolfgang Ambros im Lied „Zwickt's mi“ appliziert wurde –, erfolgte ein Wangenschlag, der jetzt vermutlich größeren Kreisen bekannt werden wird: Im Video zu seiner ersten, bisher einzigen Single, „Like It Is“, wird Nathan Trent von einer brünetten Frau geohrfeigt, freilich nicht spontan, sondern nach längerem Beziehungsstreit, in dem u. a. von seiner Seite der unfreundliche Satz „The sound of your voice is driving me insane“ fällt. Das Video spielt teils im Wiener Stadtpark, teils in einer großräumigen Wohnung; für die Tanzszenen sorgen junge Männer, in deren Verband sich Nathan Trent (im großkarierten Hemd) einfügt – Subtext: Wenn dich die Frauen schlecht behandeln, findest du Trost in deiner Männerrunde . . .
Verletzlicher, verletzter Mann auf dem Rückzug: Das passt gut in den Pop-Zeitgeist, und auch musikalisch ist „Like It Is“ unpeinlich modern, im breiten Mainstream zwischen Pop und R&B, mit leichtem Eighties-Touch in den Keyboards. Für den Song Contest hat Nathan Trent bereits ein neues Lied geschrieben, nach dem Feinschliff soll es im Februar präsentiert werden, heißt es aus dem ORF, der das Antreten Trents am Montagfrüh überraschend verkündet hat. Ohne nationale Vorentscheidung, ohne Jury: Das ORF-Team habe mit den Musikexperten Eberhard Forcher und Christof Straub (bekannt vom Duo Papermoon) „gescoutet“, steht in der ORF-Aussendung.
Der Verzicht auf aufwendige öffentliche Auslese war für den ORF – beziehungsweise die für den Song Contest zuständige Fernsehdirektorin Kathrin Zechner – bereits einmal erfolgreich. 2014 bestimmte Zechner im Alleingang Tom Neuwirth respektive die von ihm verkörperte Conchita Wurst zum Vertreter Österreichs beim Song Contest, er/sie gewann, es war der erster Song-Contest-Sieg für Österreich seit Udo Jürgens 1966.
2015 dann erreichte die in einem pompösen Auswahlverfahren gekürte Band The Makemakes nur Platz 26, auch 2016 gab es einen öffentlichen Vorentscheid (zwischen von Eberhard Forcher gefundenen Kandidaten), die darin siegreiche Zoë (eine Tochter Christof Straubs) kam immerhin auf Platz 13.
Auch in Musicals aktiv
Nathan Trent, geboren 1992 in Innsbruck, ist Sohn eines Violinisten am Tiroler Landestheater, seine Mutter stammt aus Italien. Er lernte schon im Alter von drei Jahren Klavier und Geige. 2003 nahm er am „Kiddy Contest“ teil, 2011 bei der deutschen Castingshow „X Factor“, er studierte Musikalisches Unterhaltungstheater an der Wiener Privatuniversität für Musik und Kunst. Wie heute im Mainstream-Pop durchaus üblich, ist Trent daneben im Musicalbereich tätig, etwa im heurigen Sommer in „Footloose“ in Amstetten.
Der 62. Song Contest findet am 9., 11. und 13. Mai in Kiew statt, nachdem die Ukraine 2016 mit „1944“ von Jamala gewonnen hat, einem politisch brisanten Song über die Deportation der Krimtataren durch Stalin.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.12.2016)
