Pop

Campino am Hackbrett und ein „Hopsassa!“

» Lassen S’ dieses Protestgesinge, damit verdienen Sie keinen Cent! «, Gerhard Polt. In seiner Rolle als Schlager-Manager gibt er den Toten Hosen Rat.
» Lassen S’ dieses Protestgesinge, damit verdienen Sie keinen Cent! «, Gerhard Polt. In seiner Rolle als Schlager-Manager gibt er den Toten Hosen Rat.(c) Paul Ripke
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Die Toten Hosen, Gerhard Polt und die Brüder Well gastierten gemeinsam im Konzerthaus.

So sehr die Toten Hosen ihre Abneigung gegen den bayerischen Fußball in ihren Texten zum Ausdruck bringen, so innig ist die Verbundenheit der Band zum bayerischen Kabarettisten Gerhard Polt und den Biermösl Blosn, die Polts Auftritte seit Langem regelmäßig mit ihrer bissigen Stubenmusi in ungewöhnlicher Instrumentierung begleiten. Schon 2005 tourten sie alle gemeinsam durch Theater und Opernhäuser, gerade sind sie unter dem Titel „Im Auge des Trommelfells“ wieder unterwegs und gastierten Freitagabend mit dem Versprechen, Rock 'n' Roll und Mundartanarchismus zu verbinden, im Wiener Konzerthaus.

Mehr als eine Mischung war es ein Nebeneinander der Disziplinen: Die Toten Hosen spielten Akustik-Versionen aus ihrem Repertoire, begleitet von den Multiinstrumentalisten der Well-Brüder, wie sich die Biermösl Blosn mittlerweile nennen. Die brachten dazwischen eigene Nummern unter, bei denen wiederum die Düsseldorfer Altpunks zu neuen Instrumenten greifen durften. Sänger Campino bestritt diese Talentshow sichtlich vergnügt mit Trompete, Hackbrett und Alphorn. Und Polt? Der trat immer wieder in der Rolle des Schlager-Managers Schikaneder auf die Bühne, der das Talent der Musiker („Herr Cumpano!“) erkannt haben und ihnen zum Durchbruch auf den Bühnen der Feuerwehrfeste dieser Welt verhelfen will.


Schweinsbraten und Sauerkraut. Ein Medley mit viel selbstironischem Klamauk also, die Dramaturgie ergab sich auch aus den Botschaften der drei Acts: Da präsentierten die Well-Brüder in ihrer ironischen Pegida-Hymne ihren Vorschlag gegen die Islamisierung des Abendlandes: „Schweinsbraten für die Welt“. „Sauerkraut und Bier ab jetzt im Grundgesetz“, warnten die Hosen darauf in ihrem düsteren Anti-Rechtspopulismus-Song „Gegenwind der Zeit“. Polts Stadl-Experte konnte beiden Liedern trotz kulinarischer Komponente nichts abgewinnen: „Lassen S' dieses Protestgesinge, damit verdienen Sie keinen Cent!“

Seine Energie bezog der Abend aus dem ständigen Spiel zwischen brachialen Rheinländern und scharfzüngigen Bayern, doch auch an das österreichische Publikum hatte man gedacht: Gleich im Begrüßungs-Gstanzl der Well-Brüder gab es Zeilen etwa über das Heumarkt-Projekt und den „ewigen Bürgermeister“, mit dem die Sargträger noch ein Problem bekommen würden: Denn „für sechse is er z' kurz, und viere können ihn net daheb'n“. Und um dem hochkulturellen Setting gerecht zur werden, ließ man „den Geist Mozarts spüren“ mit dem Versuch, den „Vogelfänger“ aus der „Zauberflöte“ „völlig neu zu lesen“: Campino grölte ihn, natürlich in Rockstar-Pose. „Hopsassa!“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.07.2017)

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