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Der "goldene Gott" auf Tournee

(c) AP (JOHN DAVID MERCER)
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Robert Plant ist in der Form seines Lebens. Der ehemalige Leadsänger von Led Zeppelin präsentierte sein neues, superbes Album "Band of Joy" in London: Plant fusioniert unterschiedliche amerikanischen Genres.

I used to be in a psychedelic band“, erklärte Robert Plant, einstiger Leadsänger von Led Zeppelin, bei der Präsentation seines neuen Soloalbums in einem Londoner Stadtpalais. Er meinte keineswegs die Rockband Led Zeppelin, mit der er berühmt geworden war, sondern die obskure Sixties-Formation Band of Joy. Jetzt tat er sich mit einigen Studiomusikern aus Nashville zusammen, um die musikalische Tradition dieser Band, in der auch Led-Zeppelin-Schlagzeuger John Bonham gespielt hatte, fortzusetzen. Seine wichtigsten Mitstreiter sind nun der Sänger und Gitarrist Buddy Miller, ein 58-jähriger Studiocrack, der sich erst spät an eine Karriere unter eigenem Namen machte. Weiters der Pedal-Steel-Gitarrist Darrell Scott und die an die Stelle von Alison Krauss getretene Patty Griffin, deren Stimme wie aus einer versunkenen Ära klingt. Plant wurde nicht müde, einen geheimen Zusammenhang mit seiner ersten Band herzustellen, die einst kalifornischen Bands wie Buffalo Springfield, Quicksilver Messenger Service und Arthur Lee and Love nacheiferte.


Spannung nach Millionenerfolg. Auf dem am 10.September erscheinenden Album taucht der aus Wolverhampton stammende Sänger tief in amerikanische Genres und fusioniert auf sehr geschmeidige Weise Blues, Folk, Bluegrass, Rock, Gospel und Country. Die handverlesenen Lieder stammen vornehmlich aus der Feder von Amerikanern wie Townes Van Zandt und Low, einige sind auch Blues-Standards wie „Satan Your Kingdom Must Come Down“. Zum Auftakt einer Europa-Tournee lud Plant ins Forum, eine ehrwürdige Konzerthalle in Kentish Town. Nach dem nicht ganz erwarteten Millionenerfolg seines letzten Albums „Raising Sand“ war das Interesse riesengroß. Die Tickets auf dem Schwarzmarkt brachten astronomische Summen ein. Es lockte natürlich auch das Gerücht, dass der einst als „golden god“ apostrophierte Sänger einige markant umarrangierte Led-Zeppelin-Songs zum Besten geben werde.

Mit gelöstem Ausdruck drängte Plant, der auch mit 62Jahren noch jede Menge Locken schütteln kann, mit seinen neuen Freunden auf die Bühne und entriegelte drängend „Down to the Sea“. Sitar-artige Klänge versetzten die reifen und überreifen Fans, in deren Jugendzeit freie Liebe, Drogen und Religion ein einziges Durcheinander waren.

Nach den ersten ausgelassenen Akklamationen ließ Plant schon übermütig den Mikrofonständer durch die Lüfte fliegen. Kühn machte er sich auf, um die verhuschte Ballade „Monkey“ mit Mystik aufzuladen. Patty Griffin hauchte versonnen, Plant fand einen beseelten Flüsterton, der voll gesogen war von den Belehrungen des Schmerzes. Dazu hallten die Gitarren psychedelisch, evozierten angenehme Geisterbahnstimmung.


Plant als sanfter Crooner. Nach einer eher mainstreamigen Adaption von Richard Thompsons „House of Cards“ folgte mit dem abenteuerlich auf- und abschwellenden „Please Read the Letter“ ein erstes Highlight. Die harten Riffs wurden durch butterweiche Gesänge konterkariert. Überhaupt gibt sich Plant dieser Tage lieber als sanfter Crooner denn als testosterongeladener Rocksänger. Die Gitarristen hingegen entriegelten gewaltige Boogieriffs. Der altgediente Frontmann Plant genoss es sichtlich, zuweilen in den Hintergrund der Bühne zu treten und den Kollegen das Mikrofon zu überlassen, während er nur Harmonika spielte oder Harmonien sang.

Der Reiz dieses starken Kollektivs entzündete mit dem famosen Medley „Twelve Gates to the City/Wade in the Water“ letztlich selbst die Begeisterung der stursten Led-Zeppelin-Fans. Beeindruckend glückte Plants sanfte Adaption von Aretha Franklins „All the King's Horses“ sowie die wunderbar gegen den Strich gebürsteten Led-Zeppelin-Songs „Over the Hills and Far Away“, „Houses of the Holy“, vor allem aber „Gallows Pole“, das trotz folkiger Anmutung gewaltig explodierte. Von den neuen Liedern imponierten „Satan Your Kingdom Must Come Down“ und „Central Two-O-Nine“, jeweils Adaptionen steinalter Blues-standards, am meisten.

Den würdigen Schlusspunkt setzte eine ausgelassene, vom Kontrabass angetriebene Version von „Rock'n' Roll“. Plant weiß, was Exkollege Jimmy Page nicht verstehen will: Das Glück liegt in der künstlerischen Veränderung.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.09.2010)

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