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Naiver Weiser: Yusuf Islam ist Cat Stevens geblieben

Naiver Weiser Yusuf Islam
Naiver Weiser Yusuf Islam(c) EPA (Oczeret)
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Pop-Konzert: Der 1977 zum Islam konvertierte Sänger brachte in der Wiener Stadthalle alle seine Hits – und viele liebliche Bilder.

There's only one god, only one god has a place in my heart“: Diese Zeilen aus dem Song „All Kinds Of Roses“ (2009), den Yusuf Islam vulgo Cat Stevens als Zugabe brachte, lassen sich als Bekenntnis zum Islam (freilich auch zu jedem anderen Monotheismus) interpretieren. Sonst tat man sich schwer, aus seinem Konzert religiöse Ambitionen zu hören, die er nicht schon vor seiner Konversion zum Islam gezeigt hätte. Der fanatische Moslem, als der er etwa 1989 die Morddrohung gegen Salman Rushdie durchaus in Ordnung fand, ist er ganz offensichtlich nicht mehr.

Das hat auch nicht zu ihm gepasst: Cat Stevens wirkt heute, wie er schon als Junger gewirkt hat: freundlich, abgeklärt, ein naiver Weiser, der zutiefst davon überzeugt ist, dass diese Welt im Grunde schön und gut ist. „I love everything“, heißt es in „Miles From Nowhere“ (1970), das ist sein Credo geblieben, das nannte er selbst auf der Bühne mit mildem Lächeln die „ideological message“ seiner Songs. Ob er in „Midday (Avoid City After Dark)“ aus dem Jahr 2006 seine Liebe zu Kindern, Wind und Regen beschwört oder in „Morning Has Broken“ (1971) die Morgensonne preist – und bereits von „God's recreation of the new day“ singt –, es ist, von der Tageszeit abgesehen, das Gleiche. Und der „simplicity“ der Kindertage, von der er in „Old Schoolyard“ (1977) schwärmt, ist er treu geblieben.

In der Stadthalle sang der weißbärtige Mann diese Songs und viele, viele mehr. Er legte seinem dankbaren Publikum nahe, mehr Urlaub zu machen, am besten in Griechenland (er selbst stammt aus Zypern); er schwärmte von der „Universal Love“, ritt auf dem „Cosmic Train“ und sinnierte über die „Wild World“, die gar nicht so wild ist, wenn man sie nur besinnlich genug betrachtet. Den „Moonshadow“, den er letztlich auch besang, sah man auf vielen der Fantasy-Bildern, mit denen er seine Songs illustrieren ließ: naiv, lieb und nett auch diese.

Vater und Sohn und die Enkelschar

Soll man erklären, dass so viel Nettigkeit auf die Dauer enervierend wirkte? Dass man sich nach den zwei überaus harmonischen Stunden in der Stadthalle nach Dissonanzen sehnte? Aber wozu denn. Er war ja schon lange – exakt: seit dem 6. Mai 1976 – nicht da, seine Fans hatten einiges nachzuholen. Schließlich seufzten Alt und Jung zu „Father And Son“: Cat Stevens hat diesen Song, dessen väterlicher Tonfall schon zum Großväterlichen neigt, 1970, also mit 22 geschrieben!

Heute hat er wirklich Enkel. Ein paar davon holte er zwischen den Zugaben auf die Bühne, bevor er „All Kinds Of Roses“ anstimmte. Könnte sein, dass da selbst den Skeptiker ein wenig Rührung übermannte.

("Die Presse" Printausgabe vom 03.06.2011)

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