Manu Delago: Schweizer Halbkugeln

Manu Delago Schweizer Halbkugeln
Manu Delago Schweizer Halbkugeln(c) beigestellt
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Der Innsbrucker Manu Delago spielt das Instrument Hang.

Das Hang ist eine Prinzessin unter den Instrumenten. Von Schweizern im Jahr 2000 erfunden, ist es sich zu gut für den ordinären Handel. Interessierte müssen persönlich nach Bern reisen, um sich ein Hang auf den Leib konstruieren zu lassen. Es besteht aus zwei stählernen Halbkugeln, wird wahlweise senkrecht oder waagrecht gespielt. Im Jazz wurde man dieses linsenförmigen Schlaginstruments mit melodischem Mehrwert erstmals beim famosen britischen Portico Quartet ansichtig. Vor einigen Jahren entdeckte es der seit 2007 in London lebende Innsbrucker Manu Delago. Mittlerweile spielt er das Hang bei Bugge Wesseltoft, Anoushka Shankar und Björk. Letztere hat Delagos Rolle in ihrer Tourband sogar ausgeweitet: Statt bloß exotisches Ornament zu sein, darf er zuweilen musikalische Impulse geben. Daneben verfolgt Delago freilich seine Solokarriere. Mit „Bigger Than Home“ legt er nun ein von Selbstvertrauen strotzendes Opus vor. Unter seinen Mitstreitern (vom Label „Ninja Tune“ und vom Cinematic Orchestra) sticht die empfindsam intonierende Sängerin Isa Kurz hervor. Ihr weher Gesang passt perfekt zu den sanft zischelnden Texturen, die aktuelle Strömungen wie Dub-step leise widerhallen lassen. Sie kennt er noch aus alten Zeiten, als er Brotjobs mit hiesigen „Größen“ wie Michael Tschugnall, Nadine Beiler und Zabine machen musste. So schwierig der Anfang in den lärmigen Londoner Pubs war, heute ist er international gut auf Schiene gesetzt. „Bigger Than Home“ ist sein erstes Album mit einem Produzenten: Matt Robertson, der musikalische Direktor von Björk. Furchtlos changiert man zwischen kammermusikalischer Noblesse, elektronischer Abstraktion und vital peitschenden Rockeinsprengseln.

Lob dem Zucker. Trotz wunderbar intensiver Gesänge von Lisa Kurz und James Hersey sind viele Instrumentals auf dem Album: Gesang gibt es bei Delago nur, wenn auch die Notwendigkeit dazu besteht. Manche Stücke sind mit Schlagzeug, auf anderen agiert Delago rhythmisch ausschließlich am Hang. Zudem spielte er ein wenig Klavier und programmierte einige Sequenzen. Ein Highlight: „Ice Cream Van“, das die gemeinschaftssstärkende Funktion des Zuckers lobt. Sehr eindringlich tönen außerdem die mit viel Elektronik tändelnden Meditationen „Medina I“ und „Medina II“. Kurz: ein vielschichtiges Album, das heterogene Traditionsstränge auf sehr anmutige, zuweilen sogar poetische Weise verknüpft. Eine gute Visitenkarte für Delagos Österreich-Tour, die ihn u. a. am 23. April nach Graz und am 25. April nach Wien führt.

Manu Delago - „Bigger Than Home“.

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