Donny Hathaway: Kein Schmuck, nur Seele

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Endlich neu aufgelegt: das Werk von Donny Hathaway.

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Tu niemals etwas kompliziert, was einfach auch geht – diese Lebensweisheit hat Donny Hathaway in seiner Liedarchitektur penibel beachtet. Sein durchdringender, im Gospel, Jazz und Blues wurzelnder Soul kam von Anfang an ohne jedes Ornament aus. „Er hätte Mozart sein können“, sagt seine oftmalige Duettpartnerin Roberta Flack. „Sie waren beide über alle Maßen talentiert, aber auch sehr, sehr unsicher darin, der Welt ihr Talent zugänglich zu machen.“ Der 1945 in Chicago geborene Hathaway lernte im Kindesalter Klavier spielen und machte sich im Mittleren Westen einen Namen als Donny Pitts, The Nation’s Youngest Gospel Singer. Sein Stipendium an der Howard University bekam er allerdings wegen seines exzellenten Klavierspiels. Seine Solokarriere startete er 1970 mit dem epochalen „Everything Is Everything“, u. a. mit dem Soul-Welthit „The Ghetto“. Eine Weltkarriere begann, die bereits 1977 jäh versackte. Vier Studio­alben, ein Filmsoundtrack und ein Duett­album mit Roberta Flack war die ganze Ausbeute, die Hathaway seinem Talent abringen konnte. Aber es ist Musik von unantastbarer Qualität. Dass es bislang keine gut gemasterte Neuauflage seines Werkes gab, ist eine Schande. Das US-Label Rhino hat die Lücke nun mit dieser famosen 4-CD-Box namens „Never My Lover“ geschlossen. CD 1 bringt eine Best-of-Kollektion, die dankenswerterweise auch das brillante „Little Ghetto Boy“ enthält, das einst der britische Acid-Jazzer Galliano brustschwach geschändet hat. CD 4 versammelt alle Duette mit Roberta Flack.
CD 3 verwöhnt mit bislang unveröffentlichten Liedern seines Engagements im New Yorker Club Bitter End vom Oktober 1971. Intensiv fahren da Gary McFarlands „Sack Full Of Dreams“ und Al Koopers „I Love You More Than You’ll Ever Know“ ein.

Schließlich gescheitert.
CD 2 bietet völlig Unerwartetes: Skizzen von nie veröffentlichten Soulsongs, flamboyante Outtakes, Versuche, das Genre Disco zu meistern, sowie ein 20-minütiges Klavierkonzert mit Orchester. Mit besonderem Glanz versehen sind das elegische „Sunshine Over Showers“ und das lebhafte „Always The Same“. Am Ende scheiterte er vielleicht am Fluch der Erfüllung, die bekanntlich alle Sehnsucht tötet. Hathaway fühlte sich nicht mehr in der Lage, sein wirksamstes Instrument, die Stimme, zum Klingen zu bringen. Plötzlich wollte dieser charismatische Sänger nur mehr als Pianist agieren. Von dieser Müdigkeit hat er sich nicht mehr erholt. Am 13. Jänner 1979 stürzte er aus seinem New Yorker Hotelzimmer. (ATCO/Rhino)

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