Tyler, The Creator: Sex, Fun und Politik

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Komplett überladen: der Hip-Hop von Tyler, The Creator.

Bei Tyler, The Creator ist das Chaos Prinzip. Mal dieses und jenes ausprobieren, mit größtmöglichen Kanonen alle Styles, Sounds, Ideen und Farben, die das Internet hergibt, an die Wand ballern und schauen, was kleben bleibt. So geht mit dem durchaus von Größenwahn beseelten Arbeitsansatz des kalifornischen Rappers, Produzenten, Designers und selbst ernannten kreativen Großfüllhorns auch einiges an Nervpotenzial einher. Tyler, The Creator schockiert mit Reizüberflutung, in seiner Musik, in seinem Auftreten – um eine großkotzige Meldung ist der 24-Jährige nie verlegen. So ist seine vierte Platte, „Cherry Bomb“, auch wieder einmal weniger ein konzentriert durchorchestriertes „Album“ als vielmehr eine wild zusammengewürfelte allwissende Popmüllhalde, die ruckelt, vibriert und in der es interessant funkelt – die da und dort aber auch gehörig mieft. So ist Tyler, The Creator auch vielmehr Gesamtkunstwerk als Musiker. Seit gut fünf Jahren wirbelt er als Kopf des in Los Angeles stationierten Hip-Hop- und Frechdachs-Kollektivs Odd Future Wolf Gang Kill Them All die Welt auf: Eine rowdyhafte und Schabernack-affine Gang aus MCs, Produzenten, Skaterkids, Sprayern und anderen der Kunst zugetanen Schlingeln, die Quatsch, Hawaiihemden und bunten Hipsterschick wieder als humorige Alternativen zu Gangsta-Machismo oder jazzig-nachdenklicher Sophistication breitenwirksam ins Rap-Bewusstsein gespült hat. Interessant, ja, eine durchgehend wirklich gute Platte ist dem Haufen noch nicht geglückt. So ein Dokument der Selbstherrlichkeit und des Wahnsinns ist nun auch „Cherry Bomb“ wieder geworden. Produziert und zusammengetackert hat Impressario Tyler die Platte standesgemäß nahezu im Alleingang, ein bisschen Hilfe kommt von nicht den Geringsten: Lil’ Wayne, Kanye West, Pharrell oder den Black Lips.

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Eine wirre Welt. Sie alle verschwinden jedoch nahezu hinter der komplett überladenen Kaleidoskop-Musik des Meisters: Furzende Synthesizer, hakenschlagende Free-Jazz-Samples, Schrottplatzelektronik, Softsexfilmchen-Funk und überzuckerte Rockgitarren. Die frühen Beastie Boys waren im Vergleich tief in sich ruhende Meditationsmusik. Dazu erzählt und greint Tyler mit sonorer Stimme von Sex und Sexismus, von Fun und Politik, hartem Realismus und schrillen Cartoon-Szenarien. Das macht auf dieser schlauerweise kurz und knackig gehaltenen Platte oft großen Spaß und geht genauso oft daneben – aber so muss das wohl sein. Ein schwindlig machender Blick in eine wirre Welt. (Sony)

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