Neil Young: Ewiger Revoluzzer

Alt-Hippie: Neil Young, hier beim Desert Trip Festival 2016.
Alt-Hippie: Neil Young, hier beim Desert Trip Festival 2016.(c) imago/UPI Photo
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Neil Youngs Album „Peace Trail“, sein bestes Opus seit Jahren.

Vergangenes Jahr brillierte Neil Young auf der Burg Clam mit der famosen, von Lukas und Micah Nelson, den Söhnen des großen Willie Nelson, geführten Band Promise of the Real. Mittlerweile haben sich die Jungen mit dem Alten ideal zusammengespielt, und man wäre gespannt gewesen, wie sich das im Studio auswirkt. Doch dem 71-jährigen Kanadier Young kam anderes in den Sinn. Er heuerte nur den Bassisten Paul Bushnell und den legendären Schlagzeuger Jim Keltner an, um „Peace Trail“ (Reprise), ein grimmiges Protestalbum, einzuspielen. Immer wieder stöpselte er dafür Old Black, seine berühmte schwarze E-Gitarre, ein. Auch der Vocoder, den er schon 1982 auf seinem kontroversiellen Album „Trans“ benützte, kommt zu Ehren. Die Titelnummer, „Peace Trail“, charmiert mit rostig tönendem E-Gitarren-Feedback und einer Verheißung: „Some­thing new is growing“. Das Neue meint musikalisch wohl das Alte. Fragile, grob tönende Gitarrenriffs, eine Mundharmonika, die auch vor atonalen Klängen nicht zurückschreckt. Dazu kommt die bewährte, sanfte Fistelstimme, die gelassen herbe Wahrheiten singt. Etwa jene, wie der weiße Mann in den USA heilige Stätten der Indigenen bedrängt. „Indian Givers“ erzählt vom Kampf der Ureinwohner für die Unversehrtheit ihres durch eine Ölpipeline bedrohten Territoriums. Eindringlich wiederholt er immer wieder die Zeile „I wish somebody would share the news“. Dass dies längst via soziale Medien passiert ist, blendet der Internethasser Young aus. Im hübschen „That’s My Pledge“ duelliert sich Young mit seiner eigenen Vocoder-Stimme. Während er das ewige Streben von Immigranten besingt, klagt er über jene, die permanent auf ihr Handydisplay starren, anstatt ihre Umwelt wahrzunehmen. „Alone with their heads looking in their hands“ lautet sein Befund, während er vom harten, aber bewältigbaren Leben der Pioniere singt, beginnend mit den Menschen, die mit der Mayflower gekommen sind.

Paranoid wie Donald Trump. In „Terrorist Suicide Hangliders“ versetzt er sich in einen paranoiden Xenophobiker à la Donald Trump, der sich an Schuldzuweisungen delektiert: „I think I know who to blame, it’s all those people with funny names, movin into our neighborhood.“ Aber auch über sich selbst denkt er nach. Etwa über seine kreative Rastlosigkeit. Wie heißt es in „Can’t Stop Working“ so schön? „Well, it’s bad for the body, but it’s good for the soul, might even keep you breathin’ when you lose control.“ Ein Lied wie ein Porträt des Künstlers als alter Mann. (Reprise/Warner Music)

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