„Jedermann“: Am liebsten alles

(c) Salzburger Festspiele/Waldemar Salesski
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Teufel: Christoph Franken, Werke: Johanna Bantzer, Guter Gesell: Sven Dolinski – die Neubesetzungen im heurigen „Jedermann“.

Kann es denn nur das eine oder das andere geben? Können nicht zwei Dinge nebeneinander Platz haben?“ Natürlich, und wie! Die Zeitschrift „Annabelle“ fragte Johanna Bantzer nach dem Pro und Kontra von Theater und Film und bekam nach einigem Hin und Her die salomonische Antwort. Bantzer wurde 1978 in Zürich geboren und wuchs in Hamburg auf. Ihr Vater ist der bekannte Schauspieler Christoph Bantzer, auch die Mutter ist Schauspielerin, der Bruder Drehbuchautor: eine künstlerische Familie. Bei den Salzburger Festspielen übernimmt Johanna Bantzer, die Schauspiel in Zürich studiert hat und am Theater Basel mit wichtigen Regisseuren wie Sebastian Nübling oder Rafael Sanchez gearbeitet hat, heuer die Rolle der Werke von Sarah Viktoria Frick. Am Theater spielte Bantzer etwa in Ibsens „Hedda Gabler“ (inszeniert von Christina Paulhofer), am Schauspiel Frankfurt war sie in Elfriede Jelineks „Ulrike Maria Stuart“ zu sehen, in Hannover, wo sie seit 2009 festes Ensemblemitglied ist, als Irina in Tschechows „Drei Schwestern“. Als Film- und Fernsehschauspielerin erhielt Bantzer mehrere Preise, darunter den Max-Ophüls-Preis als beste Nachwuchsdarstellerin für die drogensüchtige Caro in „Strähl“, einem Krimi über einen Polizisten, der selbst ein Junkie ist, oder einen der heiß begehrten Shooting Stars Awards der Berliner Filmfestspiele (2005).

(c) Katrin Ribbe



Teufelskerl. Als Kontrahent der Werke tritt kurz vor Ende des allseits beliebten „Jedermann“ von Hofmannsthal der Teufel auf, der nicht verstehen kann, dass „ein prächtig Schwelger und Weinzecher, ein Buhl, Verführer und Ehebrecher, ungläubig als ein finsterer Heide . . . “ Gnade bei Gott finden und in den Himmel kommen kann statt in die Hölle: „Ist mir verfallen mit Haut und Haar / Und sicher wie lang schon keiner war“, spricht zornig der Höllenfürst, im „Jedermann“ (wie übrigens auch im „Faust“) teilweise eine sehr komische Rolle.

Früher hat sie Sven-Eric Bechtolf, nun künstlerischer Direktor der Festspiele, selbst gespielt. Heuer ist Christoph Franken anstelle von Simon Schwarz zu erleben. Franken wurde 1978 in Köln geboren. Er studierte an der Otto-Falckenberg-Schule in München und an der Filmakademie in Ludwigsburg. Wichtige Regisseure waren für Franken Jürgen Gosch, Wilfried Minks oder Stephan Kimmig. Zuletzt spielte Franken am Deutschen Theater in Berlin Brechts Baal in dem gleichnamigen Stück über einen jungen Dichter, Brechts Alter Ego. Mehrere Inszenierungen, in denen Franken zu sehen war, wurden zum Berliner Theatertreffen eingeladen, darunter Tschechows „Drei Schwestern“ und „Die Möwe“ (beides Gosch-Inszenierungen, der Regisseur starb 2009). Goschs radikale „Möwe“-Version mit Franken als Lehrer Medwenko, der von allen verachtet wird, war 2009 auch bei den Festspielen zu sehen, zugleich Frankens Debüt in Salzburg. Ferner spielte er Karl den Siebten, König von Frankreich, in Schillers „Jungfrau von Orleans“ in der Regie von Michael Thalheimer (2013, Salzburger Festspiele im Landestheater). Franken war auch in Filmen zu sehen, darunter in dem im Neonazi-Milieu spielenden TV-Film „Brennendes Herz“ von Manfred Stelzer, in „Kammerflimmern“ von Hendrik Hölzemann, einer tragischen Liebesgeschichte (mit Matthias Schweighöfer und Jessica Schwarz), sowie in Serien wie „Tatort“ oder „Soko Köln“.

(c) Jim Rakete

Sven Dolinski gibt ab heuer Jedermanns Guten Gesell: Der gebürtige Berliner, Jahrgang 1982, studierte an der Hochschule für Schauspielkunst Ernst Busch und debütierte 2007 am Burgtheater, wo er dank seiner Frische und Lebhaftigkeit etwa in Kinderstücken begeisterte („Rasmus, Pontus und der Schwertschlucker“ nach Astrid Lindgren oder „In 80 Tagen um die Welt“ als Phileas Foggs Diener Passepartout). Aber Dolinski ist wandlungsfähig, er kann auch ernst sein. Zuletzt spielte er nicht weniger als zwölf Rollen in „Die letzten Tage der Menschheit“ von Karl Kraus. Die Aufführung hatte 2014 im Salzburger Landestheater bei den Festspielen Premiere und übersiedelte danach an das Burgtheater. Dort ist Dolinski derzeit ferner in Schnitzlers „Professor Bernhardi“ (als Oskar Bernhardi, Sohn des Professors, Joachim Meyerhoff) sowie als Lyriker Vinzenz in „Bei Einbruch der Dunkelheit“ von Peter Turrini zu sehen.

Schauspieler wollen und müssen heute vielseitig sein: Am liebsten alles! So lautet die Devise. Künstler richten sich weniger nach Genres, müssen nicht befürchten, schief angeschaut zu werden, wenn sie im Fernsehen auftreten, im Gegenteil, das Theaterpublikum sieht gern Künstler aus Film und TV. Eher muss man schauen, dass man zur richtigen Zeit am richtigen Ort ist, mit den wichtigen Regisseuren und Kollegen zusammenarbeitet. Johanna Bantzer, Christoph Franken und Sven Dolinski haben es geschafft.

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