Florian David Fitz: "Ich bin jetzt auch kein Vollpfosten"

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Schauspieler Florian David Fitz über das Leben vor dem, was man Durchbruch nennt, über seine eigenen Filme, Musik als Abwechslung fürs Hirn und den Wunsch, "nicht hinten runterzufallen von der Welle".

Wir sind in Wiens neuestem Luxushotel, dem Kempinski. Sie sind in einem Hotel aufgewachsen – was sagen Sie zu dem hier?

Florian David Fitz: Ich fühle mich deswegen noch nicht als Experte. Ich finde es sehr, sehr schön, man riecht, dass alles ganz neu ist und sehr luxuriös.


Haben Sie je überlegt, das elterliche Hotel zu übernehmen?

Das stand nicht wirklich zur Debatte. Mein Vater hätte sich das gewünscht, aber es war relativ früh klar, dass das nix wird.


Stattdessen haben Sie nach der Ausbildung in Amerika auf dem heimischen Hoteldachboden weiter schauspielen geübt. Das klingt im Nachhinein unglaublich romantisch.

Das war es aber nicht. Die Ausbildung schon, irgendwie. Aber es ist ein ungedämmtes Dach. Ein Dachboden, der im Sommer 40 Grad heiß ist – und im Winter mal eben minus fünf Grad hat.


Es sind dann viele Jahre gekommen, in denen Sie Schauspieler waren und auch erfolgreich, aber nicht mehr.

Fitz' Handy läutet. Er schaut entschuldigend, hebt mit einem „Sorry . . .“ ab.
Hey ihr beiden, ich bin grad im Interview, ich bin in Wien, ich kann jetzt leider nicht. Ich kann heute nicht vorbeikommen und euch mit dem Schrank helfen . . . (lacht). Ich komm morgen zurück, morgen kann ich euch helfen.


Wie waren diese ersten Jahre?

Man versucht zu verdrängen, dass es so etwas geben muss wie einen Durchbruch. Es gibt ja sehr viele Schauspieler, die nie einen haben und trotzdem als Schauspieler arbeiten können. Da war es, glaub ich, erst mal wichtig, bescheiden zu sein. Ich war ja vorher in Amerika, und da haben sie einem eingeimpft, dass es nicht die logische Konsequenz ist, dass man von diesem Beruf leben kann. Ich konnte immer sehr gut leben. Deshalb war ich darüber schon glücklich. Und irgendwann hat man sich gedacht, na ja, warum komm ich für diese Rolle nicht mal zum Casting oder dies oder das nicht? Und das nennt man dann wahrscheinlich Durchbruch, was dann fehlt. Der ist dann so graduell passiert. Da gab es einen Grimme-Preis für die „Türkische Hochzeit“, und dann kam „Doctor's Diary“, dann „Männerherzen“, dann kam Vincent („Vincent will Meer“, Anm.).


Nach außen erscheint das immer plötzlich.

Ja, aber wie sagt man? Overnight success usually takes about ten years of preparation.


Wie ist es nun danach, wenn man auf das Leben vor dem Durchbruch zurückschaut?

Ich versuche mir so viel wie möglich davon zu bewahren. Es ist jetzt einfach eine andere Aufmerksamkeit da, das Interesse ist größer. Das ist der einzige wirkliche Unterschied. Meine Wohnung ist die Gleiche, meine Freunde sind die Gleichen. Sonst eigentlich kein Unterschied. Doch: Einer, der mich ein bisschen limitiert und den ich nicht so schön finde, ist, dass man noch genauer schaut, welche Projekte man macht und welche nicht. Früher war man da freier, weil die Leute nicht so drauf geguckt haben, was man macht. Da hat man mehr Kompromisse gemacht und dafür auch mehr gespielt. Da muss man jetzt ein bisschen vorsichtiger sein. Aber vielleicht auch nicht, vielleicht muss man auch drauf scheißen.


Kann man es als Erkenntnis verbuchen, dass man sich in der heutigen Filmlandschaft seine Rollen selbst erfinden muss?

Das weiß ich nicht, bei mir war's so. Es ist eigenartig zu sehen, wie wenige richtig spannende Rollen es gibt. Das Problem haben alle überall. Und dann liegt es natürlich nahe, sich selbst drum zu kümmern, wenn man in irgendeiner Weise kann.


Arbeiten Sie schon an einem neuen Film?

Ja, ich bin an einer neuen eigenen Idee dran. Ich habe mit Matthias Schweighöfer ausgemacht, dass wir zusammen ein Projekt machen, das will ich jetzt schreiben, in den nächsten Wochen geht's los.

Das wird dann wohl eine Romantic Comedy?

Es wird auf jeden Fall komödiantisch, aber es wird auch wieder ein eigentlich tragisches Thema.


Lang haben Sie sich selbst nicht einmal Schauspieler genannt. Sind Sie jetzt auch Drehbuchautor und Regisseur?

Bei Regisseur wär ich wahrscheinlich vorsichtig. Aber ja, ich hab's gemacht, und bin jetzt auch kein Vollpfosten, falls man das in Österreich versteht (lacht). Und Drehbuchautor? Das klingt nach hauptberuflich, das bin ich ja nicht. Aber ich schreibe Drehbücher.


Irgendwo stand, Sie seien „multiinteressiert“.

Ja, ist doch besser als monointeressiert. Ich glaube generell, ich bin für alle meine Freunde wahnsinnig anstrengend, weil ich mich sehr schnell langweile und immer was wissen will. Immer unterhalten sein will. Gestern zum Beispiel: Ich habe gerade einen Film mit Thomas Heinze gedreht, und er hat mir eine App vorgeführt, Geomaster, mit der man alle Länder der Welt auswendig lernen kann, und dann hab ich jetzt mal Afrika auswendig gelernt, weil ich dachte, das muss man doch irgendwann mal wissen. Jetzt hab ich die Hauptstädte auch noch gelernt und mit meinen Freunden einen Wettbewerb angezettelt, dass wir in drei Monaten gegeneinander antreten, wer alle Länder und Hauptstädte der Welt am besten kann.


Reisen Sie denn gern?

Ja, bin aber auch gern zu Hause.


Waren die Musik, das Komponieren auch einmal eine Option? Oder machen Sie irgendwann einfach auch die Filmmusik selbst?


Das ist die Frage: Wie viel will man noch reinsteigen in so ein Projekt? Wenn man Regie macht in der Art, wie ich es mache, bin ich so schon wahnsinnig involviert. Da ist es schon gut, wenn andere, professionelle Leute da noch drauf schauen. Damit man überhaupt noch mal den Kopf über Wasser kriegt. Ich erfreue mich an der Musik eher privat, momentan. Klavier spielen oder ein neues Stück lernen, das ist eine gute Abwechslung fürs Hirn.


Was heißt es, „wie Sie“ Regie zu machen?

Ich bin einfach eher kontrollfreakig unterwegs.


Es ist auch eine große, neue Welt, die sich da auftut.


Du hast auch als Schauspieler eine Welt, die dich ein Leben lang beschäftigen kann. Dadurch, dass du dich immer mit anderen Figuren und Lebensentwürfen auseinandersetzt. Aber ja, es ist schon noch einmal eine Horizonterweiterung.


Welche Art Film schwebt Ihnen vor?

Ich mag schon – und ich glaube, das ist auch sehr schwer –, wenn Filme unterhalten, aber nicht billig sind. Wenn es wahr ist, dass, wenn man massenkompatible Filme macht, sie dann automatisch dümmer werden – dann will ich schauen, dass es eine Art von Kompromiss gibt. Dass es immer eine Art von Unterbau gibt, der den Leuten, die noch ein bisschen weiter gucken wollen, noch was anderes mitgibt. Dass man das schafft – das wär toll.


Haben Sie Beispiele, bei denen das gelang?

In Amerika, auf dem Independent-Markt, gibt es immer wieder kleinere Filme, die unfassbar gut geschrieben sind und unfassbar gut die Waage halten zwischen tragischen, komödiantischen und menschlichen Momenten. Und es gibt Leute, die finde ich toll, aber das heißt noch lange nicht, dass ich spielen will wie Al Pacino.


Dann zumindest Leute, die Sie inspirieren?

Es gibt Leute, die ich gern sehe, denen ich gern folge, und die haben überhaupt nichts mit mir zu tun. Ich bin ein großer Lars-von-Trier-Fan. Ich bin ein großer Haneke-Gucker, auch wenn ich seine Weltsicht manchmal krass finde oder auch fragwürdig. Obwohl, da verändert sich ja auch ein bisschen was. Aber es ist immer so unfassbar gut hingeschaut und präzise, so eine Eleganz und Konsequenz, dass ich das wahnsinnig gern aufsauge.


Wo wären Sie gern in zehn Jahren?

So etwas überlege ich nicht. Ich hoffe nur, dass ich zufrieden mit meiner Situation bin. Das ist alles, was ich mir wünsche. Es gibt keinen Masterplan. Der Wunsch wäre, nicht hinten runterzufallen von der Welle.


Haben Sie diese Angst?

Die Welle ist immer noch neu, und man steht auf diesem Brett, mal sicherer und mal weniger sicher. Und klar kann man ins Wasser fallen, und wahrscheinlich muss man sich auch damit abfinden, dass es immer wieder passieren wird. Damit gut zurechtzukommen, das ist, was jeder Mensch auf einer anderen Ebene machen muss.

Hr. Fitz,
darf man Sie
auch fragen . . .


1 . . . ob Sie Luxus und Glamour mögen?

Ich mag es ab und an, aber ich mag's auch ohne. Es ist schön, mal zu feiern, so sehe ich das. Feste soll man feiern, wie sie fallen.

2 . . . ob man auf Galas auch Spaß haben kann?

Viele Prominente sind immer gleich weg.
Das kommt immer drauf an, was man zu tun hat und wie müde man ist.

3 . . . ob Sie überlegt haben, in Amerika zu bleiben?

Damals schon. Aber es gab immer den Wunsch, wieder nach Europa zurückzukommen. Man will ja auch als junger Mensch etwas aufbauen und dann nicht wieder woanders neu anfangen. Deswegen war die Entscheidung klar, wieder zurückzukommen.

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