Safran: Gelb macht lustig

Die Schweizer haben nicht nur bei den Finanzen eine goldene Hand. Hoch oben am Berg wird Gold aus roten Fäden gewonnen: Safran.

Die Schweizer, heißt es, seien arbeitsam, geduldig, genau und manchmal auch ein bisschen stur. Zutreffend ist dies wohl für die meisten der 600 Bewohner des kleinen Dorfes Mund im Oberwallis. Auf 1200 Metern Seehöhe hat sich hier über Jahrhunderte Mitteleuropas einzige Safrankultur erhalten, die inzwischen gut eineinhalb Hektar umfasst.
Einer der Hüter des Safran-Anbaus ist Daniel Jeitziner. Der gelernte Maurer ist der Safranzunftmeister von Mund und damit auch Schutzherr über die zartlila Kelche des „Crocus sativus“. Mit ernsthafter Zärtlichkeit blickt er am Steilhang auf das grüne Kraut zu seinen Füßen, doch vom Krokus ist nichts zu sehen. Er aber weiß: „Hier in 20 Zentimeter Tiefe schlafen die Safranknollen.“ Jeitzinger wacht über die Bodenqualität und hält die Hirsche und Schwarzbrillenschafe fern vom abschüssigen Hang, weil Safran nur ohne Tierdung gedeiht.

Das teuerste Gewürz. Auf den Bergen liegt längst der Schnee, wenn die Ernte des Safrans Mitte Oktober beginnt. Mühselige Handarbeit ist dabei gefragt: Vorsichtig werden die Blüten gepflückt und die dunkelroten Staubgefäße, die Narben, herausgezogen. Anschließend getrocknet, werden die Safranfäden im Ganzen verwendet oder zu Pulver zerrieben. Für ein Kilo Safran sind 120.000 Blüten nötig, das sind 360.000 Fäden. Dafür hat Safran seinen Preis: Ein Gramm Safran ist teurer als Gold und kostet bis zu dreißig Schweizer Franken, das sind umgerechnet zwanzig Euro. Damit ist Safran das kostspieligste Gewürz der Welt, auch wenn im Welthandel das Gramm schon ab einem Euro angeboten wird.

Leben kann trotzdem keiner davon, erzählt Daniel Jeitziner: „Unsere Jahresernte in Mund beträgt drei bis vier Kilo.“ Dafür soll der Munder Safran aber viermal so aromatisch sein wie die handelsübliche Ware aus Spanien oder dem Iran. Außerdem gehört der Safrananbau in Mund zur Tradition und zum Selbstverständnis.

Im Welthandel mit dem kostbaren Gewürz ist der Iran führend, auf den Plantagen werden jährlich bis zu 170.000 Kilo geerntet. Im Orient wird der Safran seit 3500 Jahren kultiviert, und schon in der Antike galt er als Luxusartikel. Vom Göttervater Zeus wird in Sagen berichtet, dass er auf einem Bett aus Safran schlief. Die Römer verwendeten Riesenmengen der zarten Fäden zum Färben, Würzen und als Arznei. Pilger und Söldner brachten den Safran im 14. Jahrhundert in die Schweiz, dort brach ein wahrer Boom rund um die Knollen aus. Erhalten haben sich die Safrankulturen jedoch nur im kleinen Bergdorf Mund. 

Safran in der Flasche. Das intensiv gelbe Gewürz, mit dem sich trefflich kochen lässt, zieht auch immer mehr Touristen an, die den Blick auf die Walliser Alpengipfel genießen und sich in den Munder Gaststuben an Safrancremesuppe oder feinem Fisch mit Safransauce laben. Ein Teil der Jahresernte geht nämlich an die Munder Köche, der Rest wird zu leuchtend gelbem Safranbrot, Safrannudeln und zum europaweit patentierten Safranlikör, dem „Munder Gold“ verarbeitet.
Den Krokus in die Flasche gebracht hat der bayerische Apotheker und Wahlmunder Jürgen Rohmeder. In seiner „Safranerie“ erklärt er, wie er nach langen Versuchen den Aperitif mit dem feinen, unverkennbaren Safrangeschmack entwickelt hat. Mittlerweile sind die schlanken Flaschen mit dem zartgelben Likör zu einem kulinarischen Markenzeichen des Kantons Wallis geworden. Wer etwas über Safran wissen möchte, ist bei Rohmeder gut aufgehoben. Bereitwillig erzählt er von dem trockenen, kontinentalen Klima, das der Safran braucht und von der unerreichten Qualität des Munder Safrans, der sich vor allem durch seinen starken Duft auszeichnet. Wärmend sei er, auch verdauungsfördernd und ein Aphrodisiakum. Die Wirkung aufs Gemüt sei altbekannt, sagt Rohmeder: „Die Iraner mischen bei Trauerfällen bis zu fünf Gramm Safran pro Person in den schwarzen Tee.“ Aber das wissen die Munder schon lange und singen vereint im Lied der Safranzunft: „Munder Safran, der gesund ist und Wonne schafft“.


Tipp
Safranerie – Dr. Jürgen Rohmeder
Tel: 0041/279274241, www.safranerie.ch

Mund Tourismus
CH-3903 Mund VS
Tel: 0041/279242689

Walliser Küche mit Safran:
Restaurant Jägerheim in Mund
Tel: 0041/279234663

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