Alexander Adlgasser: Ein Sommelier für Vegetarier

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Symbolbild(c) AP (PIER PAOLO CITO)
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Alexander Adlgasser, einst Sommelier in New York, später im Palais Coburg, werkt künftig im Tian, Wiens nobelste Adresse für die rein vegetarische Zubereitung. Wo er den passenden Wein fürs Gemüse wählt.

Das Tian, seit Dezember Wiens nobelste Adresse für die rein vegetarische Zubereitung von Karotten, Kohlrabi und schwarzem Reis, hat neben dem Gemüse eine neue Attraktion: Alexander Adlgasser, weit gereister Salzburger Sommelier mit Faible für bunte Brillen und schöne Geschichten, hatte am Montag dieser Woche seinen ersten Arbeitstag in der Himmelpfortgasse.

Dessen Weinkeller lässt sich nun zwar nicht gerade mit etwa jenem des Palais Coburg vergleichen, Adlgassers vorletzter Station. Aber zum fleisch- und fischlosen Essen eine neue (wohl mit Füllfeder handgeschriebene) Weinkarte zu erstellen, „das ist eine neue Herausforderung“. Statt 100.000-Euro-Flaschen Pétrus und Lafite preist er nun Wein als Alternative zu Wasser, Tee und Biosaft an.

Mit dem Finger im Weinglas

Hinter sich, in Sachen Erfahrung, hat Adlgasser schon einiges, vieles davon in Häusern mit drei Sternen gesammelt: In Witzigmanns Münchner Aubergine, in Italien, im New Yorker Jean Georges. Schon der Großvater hatte ein Gasthaus, der Vater war ebenfalls Spitzensommelier, „hauptsächlich im Hospiz am Arlberg und im Schloss Fuschl“. Und hatte seinen Sohn vor dem Job gewarnt. Aber der hatte schon als Siebenjähriger seinen Finger ins Weinglas stecken dürfen – und folgte dem Vater prompt.

Diese Fakten in Erfahrung zu bringen dauert freilich eine Weile. Denn Adlgasser, der in üblicher Montur – im Nadelstreif mit lila Stecktuch zur Krawatte und farblich abgestimmter Brille (einer von mehr als 50, „einer meiner Ticks“) – im Tian sitzt, erzählt gern, viel und assoziativ. Sofern man Zeit hat und Interesse signalisiert.

Erfolgreich, "weil ich Französisch kann"

Zumindest so gern wie über Wein spricht er über (berühmte) Menschen, die er kennengelernt hat. Und mit denen er wiederum über Gott und die Welt geplaudert hat, bevorzugt über Musik (er ist großer Fan der Oper und der Wiener Philharmoniker), Sport (noch heute trauert er den Ausflügen zu den US Open aus seinen 15 Jahren in New York hinterher), Politik (Obama-Anhänger) und die schönen Dinge des Lebens. Wenn er nicht gerade an 9/11 oder den Großbrand in seinem New Yorker Hochhaus erinnert wird.

Geholfen habe ihm dabei der Rat seines Vaters, den er früh bekam: Als Sommelier, sagte der, „brauchst du Sprachen“. Warum Gerard Depardieu ausgerechnet mit ihm 20 Minuten geplaudert habe, habe man sich einst in einer New Yorker Bar gefragt. „Weil ich Französisch kann“, glaubt Adlgasser. Depardieu habe sich dann übrigens zu Annie Leibovitz gesetzt – ohne sie zu kennen. So möge er das, sagt Adlgasser.

Ein vegetarischer Up-Scale-Laden

In Österreich, wo er seit ein paar Jahren wieder lebt, sei man weniger offen. Übrigens auch gegenüber Wein. „Viele wollen nur österreichische, immer die gleichen.“ Eine gewisse Neugier gegenüber Neuem, Fremdem vermisse er hier durchaus. Das spürte er auch in seiner Salzburger Weinboutique, die er kurz betrieb, die aber nur zur Festspielzeit wirklich gut lief.

Obwohl er nun mit Frau und Kindern in Wien sesshaft ist, sehne er sich doch manchmal nach der weiten Welt. Das, sagt er, sei auch einer der Gründe, warum er nun im Tian sei: Weil man sich im Lokal des Ex-Superfund-Mitbegründers Christian Halper eine Expansion durchaus vorstellen kann. Fürs Erste ist Adlgasser, Spitzname „Alexander The Grape“, ab Oktober auch für Halpers Weißenseerhof am gleichnamigen See zuständig. „Und einen vegetarischen Up-Scale-Laden wie das Tian, das hat auch New York noch nicht.“

Zur Person

Alexander Adlgasser (44) stammt aus Salzburg und arbeitete als Sommelier und Restaurantmanager u. a. in der Aubergine, im Daniel, Jean Georges und Danube in New York, zuletzt in Wien im Palais Coburg und in der Sky Bar. Ab sofort ist er Sommelier im vegetarischen Restaurant Tian. Er ist verheiratet und hat drei Kinder.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.09.2012)

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