Getrüffelte Erde im Traisental

Getrueffelte Erde Traisental
Getrueffelte Erde Traisental(c) Fabry
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Das Wiener Becken als Trüffelgegend: Tony Pla und seine Mitstreiter züchten Trüffelbäumchen und ernten Delikatessen.

Titoune, Mitarbeiterin, 0043-650 980 3137, liest man auf der Homepage des Unternehmens Trüffelgarten. Wer Titoune anruft, sollte sich allerdings nicht allzu viele Hoffnungen auf ein ergiebiges Gespräch machen: Titoune ist ein bretonischer Vorstehhund. Kniehoch, zehn Jahre alt und „in Frühpension“, wie Herrchen Tony Pla sagt. Was sie nicht daran hindert, im Traisental Burgundertrüffeln und just in Anwesenheit der „Presse am Sonntag“ auch die ersten Perigordtrüffeln dieser Plantage aufzuspüren.


Nusskeime und Trüffelsporen. Tony Pla, in den Pyrenäen geboren, ist Trüffelsucher und -züchter. „Ich bin für die Trüffeln nach Österreich gekommen.“ Ganz hätte man hier aber noch nicht verstanden, was er da mache. Gemeinsam mit dem Pilzwissenschaftler Alexander Urban und der unverzichtbaren Mitarbeiterin Titoune bildet er die Firma Trüffelgarten, ein „Kompetenzzentrum für Trüffelkultur“. Mit zwei Standbeinen: Pla züchtet Trüffelbäumchen für den Verkauf. Und er erntet mit Titoune Trüffeln in den eigenen Plantagen im Wiener Becken, hier kooperiert er mit dem Bauern Ronald Vogl. Der wiederum verkauft die Trüffeln an Gastronomen, etwa an Rainer Melichar im Nibelungenhof in Traismauer. Im Vorjahr ist der älteste Teil der Plantage in Produktion gegangen, 600 Gramm Trüffeln ergab das Jahr 2012. Heuer sind es bereits zwei Kilo, „da kommt aber noch einiges, und jedes Jahr wird es mehr“.

Die Frage, ob denn Trüffeln auf Bäumen wachsen, hat Pla vermutlich genauso oft gehört wie jene, ob Schokoladetrüffeln wirklich Trüffeln enthielten. „Diese Frage kommt ständig.“ Die Antwort: zweimal nein. Trüffelbäume sind Setzlinge aus gekeimten Haselnüssen, Eicheln, Buchenkernen – alle selbst gesammelt –, die im Gewächshaus in einem mit Trüffelsporen versetzten Substrat aufgezogen werden. Die Generation 2013, die seit März beim Wachsen ist, ist bald zum Verkauf bereit, noch im Herbst sollen die Kunden sie einsetzen, ob in kleinem Stil im eigenen Garten oder auf einer größeren Plantage. Anfang Oktober kommt der französische Trüffelexperte Gérard Chevalier, der dreißig Jahre Erfahrung in der Trüffelbaumproduktion hat, um die gewaschenen Wurzeln der Bäumchen unter dem Mikroskop zu untersuchen. „Sind die Wurzeln mit den richtigen Pilzen mykorrhiziert oder mit anderen Pilzen infiziert? Das ist die entscheidende Frage“, sagt Tony Pla. Seine Kunden – Gartenbesitzer, Landwirte, Investoren – kommen aus ganz Europa. Je nach Region empfiehlt er andere Bäume. Pla bekommt von den Kunden Bodenproben zugeschickt, die er „interpretiert“ und dann sagt, ob man den Boden aufkalken müsse, also Kalkschotter in die obersten dreißig Zentimeter einarbeiten müsse. „Das ist die erste Anforderung. Das Wiener Becken ist schon sehr kalkhaltig, deshalb eine gute Trüffelgegend.“ Und Staunässe ist streng verboten, der Boden muss wasserdurchlässig sein, wenn aus einem Trüffelbäumchen ein „Produzent“ werden soll, wie Tony Pla jene Bäume nennt, unter denen man Trüffeln finden kann.


„Cherche!“ Diese Produzenten in einer der Trüffelplantagen im Traisental werden von der hellbraun-weißen Titoune eingekreist. Tony Pla ruft „cherche!“, die Hündin jagt zwischen den Bäumen hin und her, Pla hockt sich hin und versucht, sie im Blick zu behalten. „Deshalb ist es wichtig, dass die Plantage gut gepflegt ist, man muss durchschauen können.“ Er kennt die Körpersprache seiner Hündin: „Ich sehe gleich, ob sie eine Trüffel riecht oder nur eine tote Maus.“ Wenn Titoune eine kulinarisch sinnvolle Spur erschnüffelt hat und mit den Vorderpfoten zu graben beginnt, eilt Tony Pla herbei, die Hündin hält innen, das Herrchen gräbt in den obersten zehn Zentimetern Erde weiter. Pla riecht immer wieder an der Erde. Manchmal duftet diese nur nach Trüffel, man findet aber keine Pilze. „Wahrscheinlich haben wir hier schon geerntet und die Erde riecht nur mehr.“ Titounes Würstelkonsum wird von einem solchen Fehlalarm nicht geschmälert, sie bekommt immer ein Stück, wenn sie etwas angezeigt hat.

Auch Tony Pla und Bauer Ronald Vogl haben sich mittlerweile eine gute Trüffelnase erarbeitet. „Tony, komm her, die Erde riecht hier anders!“, ruft Vogl. Und tatsächlich, die beiden können eine Burgundertrüffel freikratzen. Bis in den September erntet man hier Sommertrüffeln, die weniger aromatisch und dafür deutlich günstiger sind. Ab Anfang Oktober, wenn sich bis in den Spätherbst „Preis und Aroma verdreifachen“, ist Tony Pla einmal pro Woche mit seiner Hündin auf der Plantage zum Ernten. Der Tag, an dem die „Presse am Sonntag“ zu Besuch ist, ist freilich ein besonderer, Tony Pla ist ganz aufgeregt: Die ersten Perigordtrüffeln dieser Plantage werden gefunden, alle unter demselben Baum. Die Schale ist deutlich feiner, sie schimmert rötlich. „Rötlich sind sie, wenn sie unreif sind, im Dezember sind sie in Österreich reif“, sagt Pla. Die unreifen Premierentrüffeln werden nun wissenschaftlich genützt.

Reife Trüffeln bürstet Tony Pla unter kaltem Wasser ab und lagert sie in einem Tuppergeschirr im Kühlschrank. Gemeinsam mit Eiern. „Nach zwei Tagen ist schon das Trüffelaroma im Ei. Trüffeleier könnte Ronald Vogl vielleicht auch einmal verkaufen.“

heimische Trüffeln

Trüffelbäumchen bekommt man bei Tony Pla: Hainbuche, Steineiche, Schwarzföhre und andere, jeweils mit Trüffelmyzel, je nach Bestellmenge ab 17 Euro. www.trueffelgarten.at

Trüffeln verkauft, soweit verfügbar, Ronald Vogl, ab 150 Euro pro Kilo: roni.vogl@aon.at

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.09.2013)

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